Bei AquaRichtig geht man offenkundig davon aus, dass sich Erreger von Fischkrankheiten (insbesondere bei Aquarienfischen) endlos je besser vermehren, desto höher die Wassertemperatur ist. Hohe Wassertemperaturen> 28° C betrachtet man dabei als einen der wichtigsten begünstigenden Faktoren für Fischkrankheiten. Konkret äußert man sich zu Ichthyophthirius multifiliis und insbesondere Flavobacterium psychrophilum wie folgend:
„Die häufigsten Fischkrankheiten sind Ichthyophtirius multifiliis, die gefürchtete Weißpünktchenkrankheit und die Columnaris Krankeit, die oft fälschlicherweise für einen Pilz gehalten wird.[…]
Je höher, desto besser für den Erreger und liest man dann Behandlungs-Ratschläge von Experten die Temperatur auf 33 oder gar 36 Grad zu erhöhen, dann kann man nur noch den Kopf schütteln. Dadurch vermehren sich die Erreger noch rascher, der Sauerstoff wird knapper und der Stoffwechsel kollabiert“.
Unberücksichtigt bleibt bei AquaRichtig dabei offenbar die grundsätzliche Tatsache, dass alle Organismen gegenüber dem Umweltfaktor Temperatur eine spezifische Toleranzkurve aufweisen. Es gibt also immer eine untere und eine obere Temperaturgrenze, zwischen denen ein Organismus überleben beziehungsweise sich vermehren kann. Das gilt insbesodnere für Organismen, deren Temperatur unmittlebar von der Umgebungstemperatur abhängt. Man muss nur einmal darüber nachdenken, wie Konservierung und Sterilisierung durch hohe Temperaturen funktionieren soll (vergl. Autoklavieren, Pasteurisierung), wenn sich Mikroorgaanismen endlos je besser vermehrten, desto höher die Temperatur steigt. Aber das hat man bei AquaRichtig wohl nicht bedacht oder schlicht nicht für erwähnenswert gehalten. Fischen gesteht man offenbar eine Temperaturobergrenze zu, während die Vermehrung von Erregern von Fisckrankheite ohne Obergrenze mit zunehmender Temperatur immer weiter zunimmt.
Das Konzept, dass hohe Temperaturen das Wachstum von Krankheitserregern verlangsamen, unterbindet oder sie völlig absterben lässt, scheint AquaRichtig völlig abzugehen. Bei Flavobacterium psychrophilum könnte bereits das Artepithet psychrophilum darauf hinweisen, dass die Art auf höhere Temperaturen nicht gut zu sprechen ist. Bisher sind mir keine Daten bekannt, die für Flavobacterium psychrophilum ein Wachstum > 25° C belegen. Für Flavobacterium columnare trifft das allerdings zu. Vielleicht hat man diese Art auch gemeint, aber davon hat AquaRichtig nie etwas gesagt. Nicht dass ich AquaRichtig wieder Niegesagtes unterstelle.
Auch beim Erreger der Weißpünktchenkranhkeit, Ichthyophthirius multifiliis ist eine Erhöhung der Wassertemperatur ein probates Mittel zur Behandlung. Je nachdem, wie weit die Temperatur angehoben wird, was unter anderem insbesondere von der Verträglichkeit für die betroffenenen Fischarten abhängt, wird zunächst der Lebenszyklus des Parasiten beschleunigt. Dadurch kann die Behandlungsdauer verkürzt werden. Ab etwa 30° C wird die Entwicklung der Ichthyo-Schwärmer unterbunden, sodass der Infektionszyklus unterbrochen wird.