AquaRichtigs Unsinn über …
Kiemenverschleimung durch hartes Wasser

Im neuesten kataphasischen Erguss fabuliert man bei AquaRichtig von Kiemenverschleimung durch hartes Wasser. In hartem und damit meist alkalischem Wasser soll es bei Weichwasserfischen (oder auch bei Fischen generell?) aufgrund der insgesamt günstigeren Lebensbedingungen für Keime zu einem hohen Keimdruck kommen. Das ist insoweit auch durchaus grundsätzlich richtig. Dieser soll zu einer Verschleimung der Kiemen führen, was unter anderem den Gasaustausch über sie erheblich behindert. Was ich – so wie es von AquaRichtig dargestellt wird – für absurd halte.

Dass ionenreicheres, gut gepuffertertes Wasser mit neutralem bis leicht alkalischem pH-Wert günstigere Wachstumsbedingungen für Bakterien bietet und entsprechend mehr Bakterien im Wasser leben, streite ich nicht ab. Dass dies grundsätzlich bakterielle Infekte bei Fischen, auch an den Kiemen begünstigt, ebenfalls nicht. Dass es bei bakteriellen und anderen Infektionen der Kiemen als Abwehrreaktion zur vermehrten Schleimbildung kommt und diese unter anderem den Gasaustausch über die Kiemen behindert, streite ich ebenfalls nicht ab. Ich streite allerdings die Zwangsläufigkeit solcher Verschleimungen der Kiemen durch bakterielle Infekte als unausweichliche und monokausale Folge der Haltung in härterem Wasser ob der höheren “Keimdichte“ ab, wie sie von AquaRichtig behauptet wird.

Da man bei AquaRichtig mit nichts handfesterem, als dem eigenenen Hörensagen aufwartet, halte ich diese These, so wie sie dargestellt wird, für ausgemachten Unsinn. Mag sein, dass es hier ein Körnchen Wahrheit gibt, das aber in dem ganzen aquarichtigschen Unsinn untergeht. Wer, wie Herr Staeck, solche Artikel schreibt, hat für AquaRichtig wohl auch zu wenig Sauerstoff im Hirn.

Keime

Der Begriff Keime bezeichnet allgemein Krankheitserreger. Er ist, im Gegensatz zum aquarichtigschen Gebrauch, nicht auf Bakterien beschränkt, sondern umfasst auch andere pathogene Mikroorganismen wie Pilze und andere mikroskopische Eukaryoten. Ebenso zählen Viren und subzelluläre Partikel wie Prionen zu den Keimen. Es sind, im Gegensatz zum aquarichtigschen Wortgebrauch, auch nicht alle Bakterien gleich Krankheitserreger.

Wieder benutzt man bei AquaRichtig einen Begriff in einer eingeengten Privatbedeutung. Besonders interessant ist, dass insbesondere Pilze, im Gegensatz zu vielen (aber nicht allen) Bakterien, im sauren Milleu gut gedeihen. Im Hinblick auf die Behauptung, die Keimzahl ginge bei saurem pH-Wert im Aquarium zurück, mag diese zwar im Bezug auf Bakterien grundsätzlich zutreffen. Viele Pilze, wie beispielsweise die für Verpilzungen bei Fischen verantwortlichen Saprolegnia, gedeihen auch bei – im aquaristischen Sinne – sauren pH-Wert noch gut.

Koloniezahl, Keimzahl und Keimdruck (Infektionsdruck) im Aquariumwasser

Die Einheit zur Bestimmung der mikrobiologischen Qualität eines Wassers ist koloniebildende Einheiten pro Milliliter (KBE/ml) oder colony forming units (cfu) per milliliter. Zur Bestimmung der Koloniezahl im Aquariumwasser sind einfache Tauchnährmedien im Kulturröhrchen (z. B. Cult Dip von Merck) brauchbar. Dabei muss berücksichtigt werden, dass sich auch nur eben die Mikroorganismen vermehren werden, denen die gebotenen Bedingen (Nährmedium, Temperatur, Sauerstoff etc.) dafür zusagen. Mikroorganismen, die unter den gebotenen Bedingungen nicht wachsen können, werden entsprechend auch nicht durch Koloniebildung nachweisbar sein. Außerdem erlaubt die KBE-Zahl keine Aussage darüber, um welche Mikroorganismen es sich genau handelt. Die KBE-Zahl kann somit auch keine Aussage darüber treffen, ob es sich um pathogene Keime handelt oder nicht.

Von der „Keimzahl“ (= KBE/ml) kann daher auch nicht automatisch auf den Keim- oder Infektionsdruck geschlossen werden. Dazu sind zunächst andere, differenzierende Nachweismethoden erforderlich, die sich spezifische Eigenschaften bestimmter Mikroorganismenarten beziehungsweise -gruppen zunutze machen, wie der Floureszenztest. Erst diese ermöglichen überhaupt, beispielsweise pathogene Bakterien von der regulären mikrobiellen Wasserflora zu unterscheiden. Die KBE-Zahl mit der Keimzahl gleichzusetzen ist daher irreführend.

Koloniezahl, Infektionsdruck und chemische Wasserparameter

Der nächste notwendige Schritt der Beweisführung wäre, die Auswirkung verschiedener Wässer mit unterschiedlichen chemischen Charakteristiken (z. B. weich / sauer vs. hart / alkalisch) vorerst auf die Koloniezahl hin konkret zu prüfen. Denn ausschlaggebend ist, wie groß der Unterschied und damit der Effekt der unterschiedlichen chemischen Wassercharakteristika bei ansonsten vergleichbaren Bedingungen tatsächlich ist. Auch wenn theoretisch zu erwarten ist, dass aufgrund der ungünstieren Bedingungen die KBE-Zahl in weichem und sauren Wasser niedriger ist als in hartem, alkalischem Wasser, sind konkrete Messwerte als handfeste Beurteilungsgrundlage unentbehrlich. Zusätzlich sind zur Kontextherstellung entsprechende Daten aus verschiedensten Gewässern erforderlich, um Vergleichswerte zu haben. Diese sind sicher in der Literatur verfügbar.

Keimreduzierung durch effektive Mikroorganismen

AquaRichtig verweist auf eine von Teutokoi veranlasste mikrobiologische Untersuchung, um eine angebliche Keimdichtereduzierung durch EM-Präparate im Wasser zu belegen. Wie hat man aber ausgeschlossen, dass diese Unterschiede beziehungsweise Veränderungen nicht andere Ursachen haben? Wie hat man sichergestellt, die Effekte von Trägermedium und Mikroorganismen zu trennen? Als unumstößlicher Beleg für die These ist das sehr, sehr mager. Gerade wenn man sich die auch ansonsten sehr mageren Wirknachweise für EM-Präparate in der Literatur betrachtet.

Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links

AquaRichtigs Unsinn über …
Schäden in hartem Wasser durch Salzstress wegen der Salze durch Bakterien (oder so ähnlich)

Erst behauptet AquaRichtig, tropische Fische würden durch hartes Wasser Schäden erleiden. Diese entstünden durch Salzstress, den die im Wasser gelösten Salze verursachten. Diese Behauptung sucht man anschließend zu verteidigen, in dem man auf die günstigeren Wachstumsbedingungen für Baktreien in ionenreicherem Wasser mit zirkumneutralem pH-Wert abstellt.

Hartes Wasser ist also unmittelbar schädlich für die Fische, weil der höhere Salzgehalt zu Salzstress führt. Aber eigentlich ist hartes Wasser nur mittelbar schädlich für die Fische, weil es günstige Wachstumsbedingungen für Bakterien bietet, einschließlich potenzieller und obligatorischer Pathogene.

Eines der zahllosen Beispiele, wo AquaRichtig erst das eine behauptet, dann einen völlig andereren Sachverhalt als Beleg dafür herbeizerren will und damit auch gleich den nächsten Unsinn behauptet. Ich frage mich, wie man so paralogisch denken und argumentieren kann, ohne dabei Kopfschmerzen zu bekommen.

AquaRichtig bemüht wieder das Verschieben der Torpfosten. Zuerst behauptet man, tropische Weichwasserfische würden an Salzstress leiden und geschädigt werden, wenn sie im Aquarium in hartem Wasser gehalten werden. Dies sucht man zu belegen, indem offenbar jetzt alle Fischarten in hartem Wasser geschädigt werden, weil es bei ihnen durch den angeblichen hohen Keimdruck darin zur Verschleimung der Kiemen kommt. Und zwar unabhängig davon, ob sie in der Natur in hartem oder weichem Wasser leben. Denn die von AquaRichtig angeführten Koi sind ganz sicher keine tropischen Weichwasserfische. Womöglich laufen am Ende soger Fischarten, die in der Natur in hartem Wasser leben, Gefahr, an Kiemenverschleimung durch den hohen Keimdruck darin einzugehen?

Ein besonderes Schmankerl ist die Behauptung, Krebs beim Menschen werde durch Sauerstoffmangel ausgelöst!

AquaRichtigs Unsinn über …
Wasserhärte, Larvenentwicklung und Schlupfrate

Bei AquaRichtig hat man auch interessante Ansichten zur Auswirkung der Wasserhärte (oder des „osmotischen Druck des Wassers“) auf Larvenentwicklung und Schlupfrate:

„Durch das harte Wasser können die Larven nicht schlüpfen. Die Calcium und Magnesium Ionen verhärten die Eihülle“

Dies ist ein erneutes Beispiel, wo man bei AquaRichtig einen Sachverhalt verzerrt wiedergibt, indem man ihn unzulässig vereinfacht, verallgemeinert und nur einen Teilaspekt darstellt. In der kürze der Zeit vorerst nur ein kurzes, zusammenfassendes Statement zur Orientierung. Calcium und Magnesium beziehungsweise auch das Verhältnis von Calcium zu Magnesium spielen eine wichtige Rolle bei der Befruchtung sowie der Ei- und Larvenentwicklung bei Knochenfischen. Dies gilt aber nicht für alle Arten gleichermaßen.

Verminderte Schlupfraten im Zusammenhang mit hartem Wasser sind aber nicht zwingend darauf zurückzuführen, dass die Larven nicht schlüpfen können. Also eine Befruchtung stattfindet, die Larven sich normal entwickeln, der Schlupf aber verhindert wird, weil sich die Eihülle durch das harte Wasser verhärtet hat und die Larven diese nicht durchbrechen können. Es findet mitunter erst gar keine Befruchtung und damit auch keine Entwicklung von Larven statt, die überhaupt schlüpfen könnten.

Auch beim Quellprozess der Eier und der Verhärtung der Eihülle (Chorion) ist mitunter auch Calcium von Bedeutung. Auch das trifft aber auf manche Fischarten zu, auf andere wiederum nicht. Aber wahrscheinlich läuft es bei AquaRichtig wider darauf hinaus, dass die geäußerten Behauptungen nur für die jenige Teilmenge gilt, auf welche sie auch zutrifft und auch nur diese implizit gemeint ist. Das Chorion ist aufgrund des großen Konzentrationsunterschiedes des Eis zum Wasser erheblichen Kräften ausgesetzt, denen es widerstehen muss. Je weicher und ionenärmer das umgebende Wasser, desto größer ist der Konzentrationsunterschied zum Ei. Je größer der Konzentrationsunterschied, desto höher ist der osmotische Druck, dem das Chorion widerstehen muss. Die Verhärtung der Eihülle ist daher ein notwendiger Schritt, um diesen Kräften widerstehen zu können.

Hartes Wasser kann bedingt durch die darin enthaltenen Calcium-Ionen auch eine Wirkung auf Interaktion von Mikropyle und Spermium haben. Die Mikropyle ist die Struktur in der Wand der Eizelle von Knochenfischen, durch die das Spermium in diese eindringt. Calcium-Ionen spiele einige wichtige Rolle bei der Interaktion von Mikropyle und Spermium. Hohe Calcium-Kontentrationen im Wasser können diese Interaktion stören und die Befruchtungsrate vermindern. Ein weiterer Aspekt ist die Wirkung der Calcium-Ionen im Wasser auf die Beweglichkeit oder Motilität der Spermien. Auch diese Effekte sind aber artspezifisch zu betrachten und können nicht verallgemeinert werden. Bei manchen Arten findet das befruchtende Spermium seinen Weg allein durch die Oberflächenstruktur der Mikropale, bei anderen existert ein chemisches Leitsystem, das dem Spermium den Weg weist.

In der Aquaristik dreht sich die Diskussion insbesondere um die Auswirkungen harten Wassers auf die Vermehrung von sogenannten Weichwasserfischen im Aquarium. Dabei wird regelmäßig beobachtet, das in zu hartem Wasser der Schlupferfolg meist ganz ausbleibt. Pauschalieren lässt sich dies aber nicht, weil es auch zahlreiche Arten gibt, auf die dies offenbar nicht zutrifft. Es gibt zahlreiche Fischarten, die zwar in der Natur in weichem Wasser leben, im Aquarium aber ohne großen Aufwand auch in mittelhartem und hartem Wasser nachgezogen werden können. Für andere Fischarten liegen diametrale Ergebnisse vor, die eine verminderte Schlupfrate bei zu weichem beziehungsweise ionenarmem Wasser belegen. Hinzu kommt die Frage, in wie weit auch andere (chemische und weitere) Faktoren ursächlich für den ausbleibenden Fortpflanzungserfolg sind.

Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links

  • Kunz-Ramsay, Y. (2013): Developmental Biology of Teleost Fishes

AquaRichtigs gesammelter Unsinn über …
Salzstress bei tropischen Süßwasserfischen

Bei AquaRichtig bezeichnet man offenbar jedes Wasser jenseits extremen Weichwassers als Salzlake und behauptet, dass Süßwasserfische aus tropischen Gebieten darin unter Salzstress stünden:

„Ob man Fische aus tropischen Gebieten in Salzlake halten oder gar nachzüchten (was nur in seltensten Fällen überhaupt gelingt) sagt nichts darüber aus ob diese unter ständigem Salzstress stehen oder nicht. Wir behaupten doch und viele Fachautoren sind ganz genau der gleichen Meinung!“

Vollentsalzer Kati und Ani je 2,0 Liter Harz (9000 Härteliter)

Für Fischarten aus Weichwasser, die aber nicht aus tropischen Gebieten stammen, trifft dies dann offenbar nicht zu. Behaupten ist auch das treffende Verb, denn begründet oder gar belegt (beispielsweise durch konkrete Nennung der Fachautoren und ihrer einschlägigen Äußerungen) wird die Aussage nicht. Wie üblich, bei AquaRichtig. Weiterhin behauptet AquaRichtig, es käme dadurch zu Schäden im Zellsystem solcher Fische:

„Das Zellsystem von tropischen Fischen […] wird bei einer Gesamthärte von über 10° auf Dauer geschädigt“.

Posting auf Facebook

Um sich sinnvoll mit der These auseinandersetzen zu können, müsste AquaRichtig zuerst definieren:

  • Was man unter Salzstress bei Fischen versteht
  • Welche Stoffe und Konzentrationen dabei gemeint sind
  • Durch welche physiologischen Mechanismen dieser entsteht
  • Wie er sich physiologisch auswirkt
  • Woran man ihn physiologisch erkennt

Tatsächlich wird der Begriff „Salzstress“ in der Literatur praktisch ausschließlich im Zusammenhang mit Pflanzen verwendet. Er bezeichnet die Auswirkungen höherer Salzkonzentrationen (insbesondere im Boden) auf (terrestrische) Pflanzen, sowie infolge die Ausbildung standorttypischer Pflanzengesellschaften auf solchen salzhaltigen Böden, beispielsweise auf Salzwiesen. Selbst wenn man auf den Begriff „Salinität“ abstellen will, so meint und unterscheidet dieser erheblich größere Unterschiede im Salzgehalt, als sie von AquaRichtig thematisiert werden. Der Begriff Salzstress ist vielleicht angebracht, wenn ein Süßwasserfisch in Brackwasser oder Seewasser gesetzt wird. Also einem Wasser mit einem Salzgehalt, der um Zehnerpotenzen höher und zudem mitunter auch schon zum Fisch hyperosmotisch ist, als die Größenordnung, die man bei AquaRichtig thematisiert. Beim Unterschied eines Wassers mit beispielsweise 2°d GH zu einem Wasser mit 20°d GH von Salzstress zu sprechen, ist abwegig.

AquaRichtig benutzt also auch hier wieder einen Fachbegriff, der einen anderen, aber ganz bestimmten Sachverhalt bezeichnet und aus einem gänzlich anderen Kontext stammt, um einen gänzlich anderen Sachverhalt zu bezeichnen, der inhaltlich lediglich entfernt mit diesem vergleichbar ist. Zumindest geht es in beiden Fällen im Kern um Salzkonzentrationen und deren Auswirkungen auf Lebewesen.

In der Wirklichkeit sieht die Angelegenheit aber wieder ganz anders aus, als man sie bei AquaRichtig wahrhaben will. So schreibt Hetz (2005):

„Wissenschaftlich betrachtet spricht demnach nichts dagegen, Fische, die ursprünglich aus Weichwassergebieten stammen, auch in deutlich ionenreicherem Wasser zu halten, falls es auch mit anderen Möglichkeiten als durch Reduktion der Ionenkonzentration, niedrigen pH-Werten und Zugabe von Huminsäuren möglich ist, die Belastung durch Keime und Abbauprodukte gering zu halten.“

[VDA-online, erstveröffentlicht in DATZ 09/2005: Schwarzwasser – aus der Sicht der Fische]

Herr Hetz gehört dann vermutlich auch zu meinen Marionetten. Er äußerst sich schließlich im entscheidenden Kern auch in einem anderen Beitrag identisch:

„Die Möglichkeit und die Regulation der aktiven Aufnahme von Ionen gegen einen extrem großen Gradienten scheint also Schwarzwasserbewohner auszuzeichnen. Wir müssen dabei aber bedenken, dass diese bessere Regulationsfähigkeit von Schwarzwasserbewohnern aus physiologischer Sicht einen deutlichen Vorteil (keinen Nachteil!) in ionenarmen Gewässertypen darstellt, der hingegen in ionenreicheren Gewässern kein Nachteil ist!“

[native-fish.org: Schwarzwasser]

Die Faktenlage stellt auch die aquarichtigsche Ansicht, tropische Fische in härterem Wasser zu halten, sei grundsätzlich tierschutzwidrig, in einem anderen Licht dar.

Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links

  • Hetz, S. K. (2005): Schwarzwasser – aus der Sicht der Fische. In: Die Aquarien- und Terrarienzeitschrift 9/2005; S.24-29

AquaRichtigs gesammelter Unsinn über …
Wasserenthärtung durch Natriumhydrogencarbonat

Einerseits ist man bei AquaRichtig offenbar der Ansicht, sogenannte Ersatz-Hydrogencarbonate wie Natriumhydrogencarbonat, hätten keinen Einfluss auf das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht, weil sie nicht zum „Kalk-Kohlensäure-Puffer“ beitragen. Anderseits behauptet man, Wasser würde mit Natriumhydrogencarbonat enthärtet werden. Dabei würden nahezu alle Härtebildner aus dem Wasser entfernt werden. Dies führe zu einem akuten Mangel an Calcium und Magnesium.

Letzteres setzt allerdings voraus, dass Ersatz-Hydrogencarbonate wie Natriumhydrogencarbonat einen Einfluss auf das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht haben. Natriumhydrogencarbonat könnte nur dann zur Wasserenthärtung eingesetzt werden, WENN es sich auf das chemische Gleichgewicht des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichts im Wasser auswirkt.

Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht (KKG)

Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht (KKG) ist ein chemisches Gleichgewichtssystem. Es unterliegt folglich den Gesetzmäßikeiten des Massenwirkungsgesetzes. Daraus folgt, dass die Konzentration der am Gleichgewicht beteiligten chemischen Spezies die Lage des chemisches Gleichgewichts des KKG beeinflussen. Diese chemischen Spezies sind die folgenden:

  • Calcium-Ionen
  • Magnesium-Ionen
  • Hydrogencarbonat-Ionen
  • Carbonat-Ionen
  • Kohlensäure
  • Kohlenstoffdioxid
  • Oxonium-Ionen
  • Hydroxid-Ionen

Löslichkeit und Löslichkeitsprodukt von Salzen

Ändert sich die Konzentration mindestens einer dieser chemischen Spezies, verschiebt sich unabdingbar auch das chemische Gleichgewicht des KKG. An das chemische Gleichgewicht ist auch das Löslichkeitsprodukt gebunden. Das Löslichkeitsprodukt bestimmt, ob die wässrige Lösung eines bestimmten Salzes noch mehr dieses Salzes lösen kann (ungesättigte Lösung), kein weiteres Salz mehr gelöst werden kann (gesättigte Lösung) oder ob Salz aus der lösung ausgefällt wird (übersättigte Lösung). Bei ungesättigten und übersättigten Lösungen wird soviel Salz gelöst beziehungsweise ausgefällt, bis die Lösung gesättigt ist und damit im Gleichgewicht ist.

Wird das chemische Gleichgewicht beim KKG weit genug verschoben, manifestiert sich das darin, dass Kalk ausgefällt wird.

Wasser kann tatsächlich mit Natriumhydrogencarbonat enthärtet werden. Vorausgesetzt, die Gesamthärte im Wasser und die verwendete Dosis Natriumhydrogencarbonat sind hoch genug. Die Enthärtung mittels Natriumhydrogencarbonat erfolgt dadurch, dass durch Zugabe einer entsprechenden Menge Natriumhydrogencarbonat die Löslichkeit von Calciumcarbonat (Kalk) überschritten wird. Zusammengefasst wird dabei das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht so verschoben, dass Kalk ausgefällt wird.

AquaRichtig über Wasserenthärtung durch Natriumhydrogencarbonat

Bei AquaRichtig will man offenbar zum Ausdruck bringen, mit Natriumhydrogencarbonat könne ein Wasser vollständig enthärtet werden. Die dabei von AquaRichtig vertretene Ansicht, Natriumhydrogencarbonat würde das Wasser nicht härter, sondern sogar weicher machen, stützt sich insbesondere auch das Internetangebot www.chemieunterricht.de. Die Frage, ob man Wasser mit Natriumhydrogencarbonat aufhärten könne, wartet man mit der folgenden Antwort auf:

„Hier können wir nur mit einem deutlichen „Nein“ antworten, denn Natriumhydrogencarbonat macht laut der Literatur das Wasser weicher und wirkt sich basisch auf den pH Wert des Wassers aus“

„Außerdem weiss man, dass Nariumhydrogencarbonat das Wasser nicht aufhärtet, sondern tatsächlich weicher macht“„Natriumhydrogencarbonat reichert das Wasser mit Hydrogencarbonat an und fällt Calcium und auch Magnesium Ionen aus“

„Das Wasser wird nicht härter, sondern tatsächlich weicher“

„Ein Unvorgang ist der versuch das Wasser (KH) mit Natriumhydrogencarbonat auf zu härten, weil die Wahl des Mittels grundsätzlich falsch ist, (sagt auch Prof. Blume – Link oben) da mit Zugabe die Härtebildner sofort, schlagartig zum Teil ausgefällt werden“

„Prof. Blume, der klar sagt, dass nicht jedes Hydrogencarbonat zum aufhärten geeignet ist, wird hier auch ignoriert“.

Natriumhydrogenkarbonat zum aufhärten der Karbonathärte oder doch nicht?

AquaRichtig unterliegt hier dem eigenen Missverständnis des Wasserhärtebegriffs, denn die sachlogisch gemeinte Gesamthärte wird mit Natriumhydrogencarbonat tatsächlich nicht erhöht. Das soll aber auch so sein.

AquaRichtig ignoriert hier abermals, dass der Begriff Karbonathärte nicht im Sinne der eigentlichen Karbonathärte oder temporären Härte, sondern im Sinne der Pufferkapazität oder des Säurebindevermögens zu verstehen ist.

Prof. Blume sagt an anderer Stelle übrigens noch ganz andere Sachen:

„Versuch 13. Leitungswasser enthärten

Zu vor bestimmen wir die Härte unseres Leitungswassers, beispielsweise durch komplexometrische Titration. Anschließend werden in weiteren 100 ml Leitungswasser etwa 5 g Kaisernatron gelöst. Wir titrieren erneut. Ergebnis. Die Wasserhärte hat sich um die Hälfte verringert. Kaisernatron bindet tatsächlich die härtebildenden gelösten Calcium-und Magnesium-Salze, indem sie mit diesen einen schwerlöslichen Niederschlag bildet. Das geschieht aber nicht an den Heizstäben, sondern überall in der Lösung; deshalb bleiben diese sauber.

Ca2+ + 2 HCO3––– > CaCO3 + H2O +CO2

Je mehr Kaisernatron man zu gibt, desto effektiver ist die Enthärtung (Für Kenner. Das Enthärten hat mit dem Le Chatelier-Prinzip zur verschiebung von Lösungsgleichgewichten sowie mit dem Löslichkeitsprodukt zu tun. Auf der Bindung von Calcium-Ionen beruht ja letztlich auch der Nachweis von Kohlenstoffdioxid mit Kalkwasser!). Den Effekt der Wasserenthärtung beobachtet man übrigens auch bei Zusatz von Soda. Das ist nicht verwunderlich, da Kaisernatron und Soda miteinander „verwandt“ sind. Die Soda setzt man deshalb Waschmitteln zu“.

Prof. Blumes Tipp des Monats April 2003 (Tipp-Nr.70) Chemie mit Kaisernatron

Prof. Blume nennt hier mit 5 Gramm auf 100 Milliliter eine gut 100fach höhere Dosis von Natriumhydrogencarbonat zur Wasserenthärtung, als zum Anheben der Pufferkapazität im Aquarium eingesetzt wird. Hier werden 3 Gramm Natriumhydrogencarbonat auff 100 Liter Wasser eingesetzt, um die KH um 1°d anzuheben. Auch auf die Konzentrations – oder Dosierungsabhängigkeit der Enthärtung wird ausdrücklich hingewiesen. AquaRichtig verkennt genau diesen quantitativen Aspekt der Wasserenthärtung mit Natriumhydrogencarbonat.

Führt die Anhebung der KH durch Natron zu vollständiger Enthärtung?

„[Calcium und Magnesium] sind in Weichwasseraquarien ohnehin schon gering genug gehalten und vorhanden“.

Gerade in Weichwasser wird durch das Löslichkeitsprodukt die Löslichkeit von Calciumcarbonat mit der Zugabe von realistischen Dosen NaHCO3zur Anhebung der KH um einige wenige Grade nicht überschritten, weil ohnehin nur sehr wenig davon gelöst ist. Daher es kommt auch nicht zur Ausfällung von Härtebildner in Form ihrer Carbonate. Die findet nur dann statt, wenn entsprechend viele Härtebildner gelöst sind, es sich schon um hartes bis sehr hartes Wasser mit gleichsam bereits hoher echter Karbonathärte handelt. Bei genau solchen Wässern kommt Natron in entsprechend hoher Dosis mit deutlichem Überschuss als Hausmittel zur Wasserenthärtung zum Einsatz. Da solche harten Wässer auch gut gepuffert sind, erübrigt sich die Anhebung der Pufferkapazität ⁄ des Säurebindevermögens ⁄ der Karbonathärte mittels Natron oder Soda von vornherein. Die Behauptung von AquaRichtig Calcium und Magnesium Mangel seien durch die Anhebung des SBV durch Natriumhydrogencarbonat vorprogrammiert! ist daher ebenfalls irrig.

Selbst bei der Wasserenthärtung mit der chemischen Brechstange durch starke Basen wie Natronlauge oder Kalkmilch (Calciumhydroxid-Lösung) erfolgt keine vollständige Enthärtung. Erhöht man den pH-Wert durch Zugabe von Natronlauge in den deutlich zweistelligen Bereich, werden alle Carbonat-Spezies (Hydrogencarbonat, Kohlensäure und Kohlenstoffdioxid) in Carbonat umgesetzt. Es liegen von den am Kalk-Kohlesäure-Gleichgewicht beteiligen Carbonat-Spezies (CO2, H2CO3, HCO3, CO32-) folglich praktisch nur noch Carbonat-Ionen im Wasser vor. Die Löslichkeit von Calciumcarbonat bei Abwesenheit von Kohlensäure beträgt 14 mg/l bei 20°C. Dies entspricht einer Calcium-Konzentration von 0,14 mmol/l. Ein Grad deutscher Gesamthärte entspricht etwa 0,18 mmol/l Calcium-Ionen. Selbst wenn Wasser durch Verschieben der Löslichkeit von Calciumcarbonat soweit wie nur irgend möglich enthärtet wird, verbleibt also noch immer eine Resthärte von knapp 1°dGH. Biotope mit solch weichem Wasser sind zwar eher die Ausnahme als die Regel, kommen in den natürlichen Verbreitungsgebieten einer ganzen Reihe von Aquarienbewohnern (vulgo Aquarichtig: exotische Aquarienfische und -pflanzen) aber durchaus vor. Bei AquaRichtig kommt es also in diesem Wasser zu Calciummangel, weil das Wasser zu weich ist und im Aqarium bei einer Gesamthärte über 10°d GH zu Zellschäden, weil das Wasser zu hart ist.

AquaRichtig über …
Leiden, Schmerzen und Schäden bei Aquarienfischen in zu hartem Wasser

Zu hartes Wasser verursacht laut AquaRichtig Schmerzen, Leiden und Schäden bei Aquarienfischen[1]. Die Behauptung knüpft an den Wortlaut von §2 Satz 2 Tierschutzgesetz an. Insbesondere zielt AquaRichtig dabei auf angeblichen Salzstress durch hartes Wasser ab. Eine Behauptung, die von AquaRichtig zuerst zu konkretisieren und dann zu beweisen ist. Mit der Unterscheidung zwischen einer Behauptung, einem Beweis und einem Argument scheint man aber ebenfalls Schwierigkeiten zu haben. Zumindest hat man aber erkannt, dass dazu im Tierschutzgerecht [sic!] nichts klar geregelt ist.

Die Ausnutzung der Toleranzgrenze sei laut AquaRichtig Humbug, denn für viele Fische, besonders Diskus, Neons, etc. gäbe es diese nicht, zumindest nicht in der Art, wie ich sie darzustellen versuche.

Hier wäre es hilfreich, vorweg darzustellen, in welcher Art und Weise ich die Toleranzgrenzen in den Augen von AquaRichtig darzustellen versuche. Als nächstes drängt sich die Frage auf, wie man bei AquaRichtig denn die Toleranzgrenzen wofür bei welcher Fischart setzt und wie man diese stichhaltung begründet.

AquaRichtig behauptet: Die Organe der Fische haben sich vor Jahrtausenden an die Bedingungen ihrer natürlichen Habitate angepasst und daran kann auch Zwangshaltung im Aquarium nichts ändern. Die Fische können sich nicht daran gewöhnen, sondern lediglich ertragen.
Welche Organe genau haben sich in der Ansicht von AquaRichtig woran genau angepasst? Wie unterscheidet man bei AquaRichtig zwischen Anpassen und Ertragen? Woran macht man fest, dass die physiologische Reaktionsbreite einer Art für einen Umweltfaktor überschritten ist?

Denn genau darauf läuft es hinaus. Entscheidend in dieser Frage sind die Begriffe physiologische Potenz, ökologische Potenz, synökologische Existenz und Toleranzkurve. Auf die Ansicht von AquaRichtig übertrage, wären die Toleranzkurve und die physilogische Potenz einer Art identisch mit der ökologischen Potenz und der ökologischen Existenz selbiger Art. Die synökologische Existenz einer Art bezogen auf einen bestimmten Umweltfaktor wäre demnach identisch mit ihrem autökologischen Optimum für diesen Umweltfaktor, besipieslweise den pH-Wert oder die Wasserhärte. Plastisch bedeutet das, dass eine Fischart, die in der Natur in weichem Wasser lebt, nur in weichem Wasser leben kann, weil sie aufgrund ihrer geringen physiologischen Reaktionsbreite oder Toleranz für den Umweltfaktor „Wasserhärte“ in härterem Wasser nicht überleben könnte.

Diese Ansicht ist aber in dieser Pauschalität irrig. Für die Haltung im Aquarium ist der Präferenzbereich der Art anzustreben. Dazu muss man diesen aber auch erst einmal kennen. Die Fragestellung nach dem Verhältnis der richtigen Haltungsbedingungen im Aquarium zu den Bedingungen in der Natur ist daher letzlich eine Fragestellung der Physiologie und Ökologie beziehungsweise Ökophysiologie.

AquaRichtig über
Furmanek, den Wendehals

Bei AquaRichtig hält man es offenbar für eine Tugend, seine Ansichten wider besseres Wissen beizubehalten und diese irrigen Ansichten bis aufs Blut mit allen eristischen Mitteln zu verteidigen. Was von einem hochgradig ehrbaren und aufrichtigen Charakter zeugt.

Man stelle sich vor, man würde der Wissenschaft vorwerfen, heute vielfach andere Dinge zu behaupten, also noch vor 100 Jahren. Wer so denkt, hat weder das wissenschaftliche Prinzip noch den Zweck von Wissenschaft überhaupt verstanden.

Es stimmt, dass ich vor 15, 20 Jahren zu verschiedenen Fragen der Aquaristik noch andere Ansichten vertreten habe. So war ich dereinst der Ansicht, man müsse Fische im Aquarium in einem Wasser halten, das im Chemismus dem des natürlichen Lebensraums zumindest möglichst nahe kommt. Aufgrund der mitunter hitzig geführten Diskussionen über das Thema – unter anderem in der Newsgroup DRTA –, habe ich mich aber eingehend mit dem Problem befasst. Dabei habe ich erkennen müssen, dass sowohl die aquaristische Praxis als auch wissenschaftliche Erkenntnisse diese Ansicht zumindest in der vertretenen Dogmatik und Pauschalität unhaltbar machen.

Im Gegensatz zu AquaRichtig habe ich meine Ansichten also an die geänderte Erkenntnis- und Kenntnislage angepasst. Bei AquaRichtig hält man das offenbar für eine Verfehlung. Diese Haltung spiegelt sich entsprechend in den aquarichtigschen Beiträgen und der Art der Argumentationsführung darin wieder. AquaRichtig halte ich daher für wissens- und wissenschaftsfeindlich.

Zur konkret gegenständlichen Frage, was artgerechte Haltung (insbesondere von Süßwasserfischen im Aquarium) bedeutet: Ich lehne die verbreitete Ansicht, dass die artgerechte Haltung von Süßwasserfischen im Aquarium nur dann möglich ist, wenn die Bedingungen im natürlichen Lebensraum soweit wie möglich kopiert werden, ab. Dies begründet sich zum einen aus grundlegenden Prinzipien der (Aut)ökologie als auch aus Erkenntnissen der Fischphysiologie sowie nicht zuletzt aus den Erfahrungen in der aquaristischen Praixs. Denn dies würde konsequent zuende gedacht auch bedeuteten, dass es keine Probleme mit (invasiven) Neobiota geben kann. Außerhalb des angestammten Lebensraums kann es keinen weiteren Lebenssraum geben, der in allen Faktoren identisch mit diesem ist. Was aber anhand der restriktiven Definition von arterechter Haltung denknotwendig erforderlich ist. Wie kommt es aber zu Massenvermehrung in einem Lebensraum, der qua Definition nicht artgerecht ist?

Die Wirklichkeit führt die restriktive Auslegung des Prädikats „artgercht“ ad absurdum. Jedes Lebewesen hat für jegliche Umweltfaktoren artspezifisch mehr oder weniger große Toleranzen. Aus dem Umstand, dass eine Fischart in der Natur in weichem (und womöglich dabei auch saurem) Wasser lebt, lässt sich nicht zwingend der Schluss ziehen, dass ein Wasser mit diesen Eigenschaften auch zur Haltung im Aquarium erforderlich ist. Das mag zwar in bestimmten Fällen zutreffen, in anderen aber wiederum nicht.

AquaRichtigs Unsinn über …
Grundwasser und Trinkwasser

Bei AquaRichtig hat man offenbar Schwierigkeiten damit, zwischen Grundwasser und Trinkwasser zu unterschieden. Die Behauptung, der Grenzwert für Nitrat und andere Parameter im Trinkwasser sei immer weiter angehoben worden und würde vielerorts dennoch überschritten, soll mit dem Problem der Nitratbelastung des Grundwassers begründet werden. Dass Trinkwasser und Grundwasser zwei verschiedene Sachverhalte sind, scheint dabei nicht weiter von Belang zu sein. Ich sage es ja, Textkompetenz ist keine aquarichtigsche Stärke.

Es mag zwar zutreffen, dass die Nitratbelastung des Grundwassers sich auch indirekt auf die Trinkwasserqualität auswirkt, weil zur Einhaltung des gesetzlichen Grenzwertes ein erhöhter Aufbereitungsaufwand erforderlich ist, wenn derart belastetes Grundwasser zur Trinkwassergewinnung genutzt wird. Damit sind auch höhere Kosten verbunden. Dennoch kann nicht von der Nitrat-Konzentration im Grundwasser darauf geschlossen werden, dass diese im Trinkwasser dann ebenfalls so hoch ist.

Die folgende Passage aus diesem Beitrag demonstriert das Problem von AquaRichtig plakativ [alle Hervorhebungen durch den Autor]:

„Unser Trinkwasser ist nach Malta in der EU das am meisten mit Nitrat belastete Trinkwasser überhaupt.[…]“.

AquaRichtig sucht diese Behauptung mit dem anschließenden Zitat aus dem Beitrag Kann man Leitungswasser in Deutschland bedenkenlos trinken? zu belegen:

„Schon jetzt hat Deutschland (neben Malta) bei Nitrat im Grundwasser die zweithöchste Belastung in der EU[…]“.

Der unmittelbar folgende Absatz, den AquaRichtig aber wohlweißlich nicht mehr zitiert, stellt die Sache gleich wieder deutlich anders dar und bringt sie auch auf den entscheidenden Punkt:

„Der hohe Gehalt von Nitrat im Grundwasser ist einerseits extrem schlecht für die Umwelt. Es kostet uns aber viel Geld: Wasseraufbereitungsanlagen müssen es aufwändig wieder herauszufiltern, damit wir am Ende kein Nitrat im Trinkwasser haben und es bedenkenlos trinken können“.

AquaRichtig führt mit der Vermengung beider Sachverhalte fort:

„Natürlich ist das Wasser nicht überall derart mit Nitrat belastet. Es gibt aber Regionen wo die 50 mg/l um das doppelte überschritten werden [denknotwendig im Trinkwasser!] weshalb nicht nur Aquarianer zu unseren Kunden gehören.“.

AquaRichtig sucht diese Behauptung mit der folgenden Passage aus diesem Beitrag der SZ zu belegen:

„Heute steigt das gesundheitsschädliche Nitrat vielerorts wieder an im oberflächennahen Grundwasser. Zum Beispiel im Wasserwerk Großenkneten, mitten in Niedersachsen: Die 16 Messstellen registrierten vergangenes Jahr im Schnitt 93 Milligramm Nitrat pro Liter. Das ist fast doppelt so hoch wie der Grenzwert [wohlgemerkt: im Trinkwasser], der bei 50 liegt“.

„Gerade Gesten, am 25.07.2019 wurde in den Nachrichten berichtet, dass die EU wieder ein Verfahren gegen Deutschland wegen zu hoher Nitratbelastung [wohlgemerkt, im Grundwasser!] einleitet.Mit Anfrohung von 800.000 Euro pro Tag über die Frist hinaus“.

Da sich diese aber alle auf die Nitrat-Belastung des Grundwassers beziehen, tragen sie die aquarichtigsche Behauptung nicht. Man könnte jetzt zwar behaupten, die Wasserwerke würden das Wasser mit besagten 93 mg/l Nitrat als Trinkwasser einspeisen. Die unklare Formulierung in der Quelle, die diese Vermutung dem Wortlaut nach zulässt, reicht als stichhaltiger Beleg einer derart außergewöhnlichen Behauptung aber nicht aus.

Die Trinkwasserverordnung lässt zwar grundsätzlich die Möglichkeit zu, in besonderen Ausnahmefällen eine befristete Überschreitung der chemischen Grenzwerte im Trinkwasser, wie den Nitrat-Gehalt, eine Ausnahmegenehmigung durch das zuständige Gesundheitsamt zu erteilen. Diese Ausnahmenregelungen sind aber genau ebensolche. Siehe dazu auch die FAQs zu Nitrat im Grund- und Trinkwasser des Umweltbundesamtes.

Auch der Verweis auf die Belastung von insbesondere Oberflächenwässern und daraus gewonnenem Trinkwasser mit, unter anderem Medikamentenrückständen, trägt die aquarichtigsche Behauptung nicht. Das ist schon deshalb der Fall, weil zuerst überhaupt Grenzwerte für die Substanzen festgelegt werden müssten, die dann immer höher gesetzt werden könnten. Das ist aber tatsächlich vielfach nicht der Fall, es gibt keine Grenzwerte für viele der monierten Substanzen, die angeblich immer höher gesetzt würden, um die angeblich immer schlechter werdende Trinkwasserqualität wie angedeutet zu kaschieren.

In diesem Zusammenhang interessant anzumerken ist, dass man bei AquaRichtig den Vorteil der Umkehrosmose-Technik, auch Pestizide und Medikamentenrückstände herauszufiltern, mit der Behauptung vom Tisch wischt, diese dürften im Trinkwasser gar nicht enthalten sein:

„Vollentsalzung entfernt keine Pestizide wie die Osmose-Anlage ist eines der Hauptargumente. Das Gegenargument, dass Trinkwasser gesetzlich vorgeschrieben keine Pesizide enthalten darf wird unter den Tisch gekehrt“.

[Vollentsalzer oder Osmose-Anlage – Pro und Contra]

AquaRichtigs Unsinn über… Süß und Grundwasser

AquaRichtig ist also der Ansicht, ich würde im obigen Beitrag Süßwasser und Grundwasser verwechseln und unzulässig vermengen. Wie üblich gibt es keinen tatsächlichen Anhaltpunkt, mit dem diese Behauptung begründet wird. Sowohl bei Trinkwasser nach der Trinkwasserverordnung als auch dem hier gegenständlichen Grundwasser handelt es sich de facto um Süßwasser. Zwar gibt es auch Sole-Grundwässer und Aquifere sowie mit solchen verbundene Quellen, also salzige Grundwässer. Auf einem solchen beruhte der Reichtum der Stadt Lüneburg im Mittelalter. Eine Häufung salzhaltiger Quellen findet sich im Bereich geologischer Störungszonen wie im Teutobuger Wald. Diese werden aber regelmäßig nicht zur Gewinnung von Trinkwasser eingesetzt und sind hier auch nicht gegenständlich.
Die gesamte aquarichtigsche Replik bekräftigt nur meinen Eindruck, dass man hier mit der deutschen Schriftsprache auf Kriegsfuß steht und dies ursächlich für den verzapften Unsinn ist.

Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links

AquaRichtig gesammelter Unsinn über… Rechtsnormen für die Haltung von Aquarienfischen

Zu den in Deutschland geltenden Rechtsnormen für die Haltung von Aquarienfischen hat man bei AquaRichtig ebenfalls spezielle Ansichten. AquaRichtig spricht von einem Tierschutz Gesetz für die Haltung von Zierfischen[1] und in diesem Tierschutzgesetz, auch für Zierfische seien Haltungs-Bedingungen […] klar geregelt[2]. Im Beitrag Leitungs-Wasser eine Gefahr für das Aquarium und die Fische führt man dazu folgendermaßen aus:

„[…]Zierfische [werden] zu schätzungsweise 80% in Aquarien gehalten die ihrem Anspruch nicht gerecht werden und dem Tierschutzgesetz für die Haltung exotischer Fische teilweise eklatant widersprechen. Das Tierschutzgesetz beinhaltet nur geringe Toleranzen für die Haltung von Zierfischen in Bezug auf pH-Wert, Härte, Leitwert und Aquariengrößen für die jeweiligen Arten“.

Das Tierschutzgesetz macht aber überhaupt keine konkreten Angaben zu chemischen Wasserparametern, Behältergrößen oder der Temperatur, weder spezifisch noch generell. Lediglich §2 TschG äußert sich ganz allgemein zu den Anforderungen an Tierhaltung und -halter generell:

„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

  1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
  2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
  3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen“.

AquaRichtig verweist auch gar nicht auf das Tierschutzgesetz (TschG), sondern auf den tabellarischen Teil des „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Zierfischen (Süßwasser)“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Es handelt sich folglich nicht um ein Gesetz, sondern um ein – mittlerweile 20 Jahre altes – Gutachten. Das Gutachten ist zudem nicht rechtsverbindlich, was aus dem Kommentar des BMEL auch ausdrücklich hervorgeht:

„Die Gutachten / Leitlinien sind zwar nicht rechtsverbindlich, sie unterstützen aber Tierhalter, zuständige Behörden und Gerichte bei der Entscheidung, ob eine Tierhaltung den Vorschriften des Gesetzes entspricht“.

Wie gering sind nun die Toleranzen im Gutachten für den pH-wert und die Wasserhärte bei Weichwasserfischen? Als Paradebiespiel für den klassischen Weichwasserfisch wird seitens AquaRichtig mehrfach der Rote Neonsalmler, Paracheirodon axelrodi genannt. Welche Grenzwerte setzt das Gutachen also beim Roten Neon? In der anhängige Tabelle des Gutachtens wird für den Roten Neon der pH-Wert-Bereich I–II) = pH 5,0 – 7,5 festgelegt. Für die Wasserhärte fordert das Gutachten den Härtebereich I ohne Abweichung nach oben, was einer Gesamthärte von 15° GH (zudem darf die Wasserhärte nicht wesentlich (3 dGH) über- oder unterschritten werden) entspricht. Da weiterhin für die dauerhafte Pflege mittlere Werte anzustreben sind, sollte der pH-Wert zur Pflege von Paracheirodon axelrodi also um 6 und die Wasserhärte um etwa 10°d GH liegen. Die von AquaRichtig vertretene und mit den geltenden Rechtsnormen untermauerte restriktive Forderung nach sehr weichem, saurem Wasser spiegelt sich also im Gutachten nicht wieder. Grenzwerte für die elektrische Leitfähigkeit nennt das Gutachten – im Widerspruch zu aquarichtigschen Behauptung – übrigens nicht. Der Begriff kommt im Gutachten nicht einmal vor.

AquaRichtigs gesammelter Unsinn über …
Trinkwasser-Grenzwerte

Auch zur historischen Entwicklung der gesetzlichen Grenzwerte für die Trinkwasserqualität in Deutschland gibt es bei AquaRichtig Interessantes zu lesen:

„Zu denken geben sollte, dass die Grenzwerte unseres Trinkwassers immer höher gesetzt werden und mehr als bedenklich sind. Hier das Nitrat mit einem Grenzwert von bis 50 mg/l, der oft schon weit darüber liegt. Oder der Leitwert des Wassers mit bis zu unglaublichen 2790 µS“.

AquaRichtig: [Trink-Wasser, Leitungs-Wasser eine Gefahr für das Aquarium und die Fische]

Wie genau die historische Entwicklung der Grenzwerte einzelner chemischer und physikalischer Parameter wie der Nitrat-Konzentration oder der elektrischen Leitfähigkeit im Trinkwasser in Deutschland ist, verrät man bei AquaRichtig wie gewohnt nicht. Über andere Parameter, deren Grenzwerte angeblich immer höher gesetzt werden, lässt man sich nicht konkret aus. Belegstellen oder Literaturverweise gibt es wie gewohnt ebenfalls nicht. Maßgeblich für die Reglementierung der Trinkwasserqualität in Deutschland ist die Trinkwasserverordnung beziehungsweise deren Vorläufer. Da die Parameter Nitrat und elektrische Leitfähigkeit konkret angesprochen werden, werde ich mich exemplarisch mit diesen auseinandersetzen. Das Augenmerk liegt dabei auf der Verwendung als Aquarienwasser.

Historie der Rechtsnormen für die Trinkwasserqualität in Deutschland

  • 1900 Reichsseuchengesetz
  • 1934 Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens
  • 1959 Trinkwasser-Aufbereitungsverordnung tritt in Kraft
  • 1961 Bundesseuchengesetz (BSeuchenG)
  • 1976 Trinkwasserverordnung tritt in Kraft
  • 1979 Neufassung des BSeuchG
  • 1980 EG-Trinkwasserrichtlinie
  • 1986 1. Novelle der Trinkwasserverordnung tritt in Kraft
  • 1990 2. Novelle der Trinkwasserverordnung tritt in Kraft
  • 1998 RICHTLINIE 98/83/EG DES RATES vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch
  • 2000 Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) löst das Bundesseuchengesetz ab
  • 2001 3.Novelle der Trinkwasserverordnung tritt in Kraft
  • 2002 EG-“Lebensmittelverordnung“ 178/2002
  • 2011 1. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung
  • 2012 2. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung
  • 2013 EURATOM-Richtlinie 2013/51/Euratom (Radioaktive Stoffe im Trinkwasser) tritt in Kraft

historische Entwicklung des Grenzwertes für Nitrat im Trinkwasser in Deutschland

Bei der Erstauflage der Trinkwasserverordnung vom 31.01.1975 lag der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser bei 90 mg/l. Bis dahin gab es weder Grenzwerte für chemische Parameter im Trinkwasser noch eine spezifische rechtliche Regelung der Trinkwasserqualität. Bei der Novelle im Jahre 1986 wurde der Grenzwert auf 50 mg/l gesenkt. In der derzeit gültigen Fasssung der Trinkwasserverordnung einschließlich der letzten Änderung vom 03.01.2018 beträgt der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser weiterhin 50 mg/l. Für den Parameter Nitrat gibt es daher keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte für die Behauptung, der Grenzwert sei immer höher gesetzt worden.

historische Entwicklung des Grenzwertes für die elektrische Leitfähigkeit im deutschen Trinkwasser

Der Grezwert für die elektrische Leitfähigkeit wurde tatsächlich von ursprünglich 2000 µS/cm in der Neufassung der Trinkwasserverordnung vom 22.05.1986 über 2500 in der 3. Novelle von 2001 durch die 1. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung 2011 auf 2790 µS/cm angehoben. Dabei verschweigt man aber, dass bei der bis dato letzten Änderung die Referenztemperatur ebenfalls von 20° C auf 25° C angehoben wurde. Beide Werte mit ihrer entsprechenden Referenztemperatur gelten parallel und auch Messungen bei anderen Temperaturen sind zulässig. Da sich die Leitfähigkeit proportional zur Temperatur verhält, hat sich an der zugrunde liegenden Zusammensetzung des Trinkwassers nichts geändert. Ein Wasser, das bei 20° C eine elektrische Leitfähigkeit von 2500 µS/cm aufweist, weist bei 25° C eine elektrische Leitfähigkeit von 2790 µS/cm auf. Der Grenzwert ist also praktisch unverändert.

Es drängt sich zudem die Frage auf, ob ein Wasser überhaupt den Grenzwert für den Indikatorparameter elektrische Leitfähigkeit ausreizen kann, ohne vorher andere Grenzwerte chemischer Parameter der Trinkwasserverordnung zu überschreiten. Selbst außerordentlich harte Trinkwasser wie das des Versorgungsgebietes Hochbehälter Galgenberg in Würzburg mit einer Gesamthärte von über 40° GH, weist eine elektrische Leitfähigkeit von „lediglich“ knapp 1300 µS/cm bei 25°C auf.

Leitfähigkeits-Geschwurbel

AquaRichtig führt zum Grenzwert für die elektrische Leitfähigkeit im deutschen Trinkwasser fort und verweist auf die mittlerweile nicht mehr betriebene Wasser-Hokuspokus-Seite http://wasser-infos.com von Christoph Fluri-Heckenbücker:

„Nicht ohne Grund liegt der Grenzwert nach der EU-Richtlinie bei 400 µs und der Wert der WHO bei 700 µs – siehe Tabelle im Link unten“

Mit der EU-Richtlinie ist wahrscheinlich die „RICHTLINIE DES RATES vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (80/778/EWG)“ gemeint. Die zitierten 400 µS/cm finden sich dabei in der Tabelle „PHYSIKALISCH-CHEMISCHE PARAMETER (in Verbindung mit der natürlichen Zusammensetzung des Wassers)“ als Richtwert mit dem Hinweis Entsprechend der Mineralisierung des Wassers. Ein Grenzwert wird in der Richtlinie für die elektrische Leitfähigkeit nicht genannt. Einen EU-Grenzwert für die elektrische Leitfähigkeit von Trinkwasser von 400 µS/cm gibt es somit gar nicht.

Fluri-Heckenbücker behauptet, der Grenzwert für die elektrische Leitfähigkeit des Trinkwassers in Deutschland habe bis 1963 130 µS/cm betragen, sei dann 1990 auf 1000 µS/cm angehoben worden, um dann weiter auf 2000, 2500 und 2790 µS/cm angehoben zu werden. Belastbare Quellen, aus denen sich die Zahlenwerte 130 µS/cm und 1000 µS/cm als Grenzwert für die elektrische Leitfähigkeit im Trinkwasser entnehmen lassen, gibt es aber offenbar nicht. Tatsächlich lässt sich auch bei gründlicher Recherche keinerlei Rechtsnorm finden, die bis 1963 einen Grenzwert von 130 µS/cm oder einen bis 1990 gültigen Grenzwert von 1000 µS/cm belegen. Die Zahlenwerte werden auch auf zahlreichen andere Wasser-Hokus-Pokus-Seiten kolportiert. Belastbare Quellen, denen diese entnommen sind, findet man dagegen nicht.

Tatsächlich wurde für die elektrische Leitfähigkeit bei der Aufnahme in die Regularien der Trinkwasserverordnung 1986 ein Grenzwert von 2000 µS/cm bei 25° C festgelegt. Dieser wurde zur Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtline von 1998 in der Fassung der Trinkwasserverordnung von 2003 in nationales Recht umgesetzt.

Ebenso lässt sich in Veröffentlichungen der WHO kein Grenzwert von 700 µS/cm für Trinkwasser finden. Im Gegenteil, die WHO-Publikation Hardness in Drinking-water, die verschiedene epedimiologische Studien zitiert, legt den Schluss eines positiven Effekts der Wasserhärte auf Herzerkrankungen nahe. Da Wasserhärte und elektrische Leitfähigkeit miteinander korrellieren, sind härte Trinkwässer regelmäßig auch solche mit höherer Leitfähigkeit.

Fluri-Heckenbücker kolportiert wie auch AquaRichtig die wissenschaftlich nicht haltbaren Behauptungen von Loius-Claude Vincent über angebliche negative Auswirkung von Trinkwasser mit hoher elektrischer Leitfähigkeit auf die menschliche Gesundheit. Bei AquaRichtig hat man diese bemüht. Im akademischen Diskurs sucht man vergeblich nach Publikationen, die derartige Behauptungen zur elektrischen Leitfähigkeit eines Trinkwassers stützen.

Interessant ist auch die Fluri-Heckenbücker zu findende Behauptung, Deutschland habe Platz 56 bei sauberen Trinkwasser in der Reihe mit Dritteweltländer im Kyoto Protokoll belegt. Das Koyoto-Protokoll ist ein 1997 beschlossenes Protokoll zur Ausgestaltung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen mit dem Ziel des Klimaschutzes und hat mit Trinkwasser rein gar nichts zu tun.

Gemeint ist dabei aber vermutlich der UNESCO Weltwasserbericht des Jahres 2003. Hier wurde aber keinesfalls die Trinkwasserqualität der 122 Staaten, sondern die generelle Versorgungslage mit sauberem Trinkwasser in den einzelnen Staaten als auch die tatsächliche und potenzielle Gefährdungslage der Trinkwasserreservoire (also u. a. der Oberflächengewässer und Grundwasserleiter, aus denen Trinkwasser gewonnen wird) für Verunreinigungen bewertet, beispielsweise durch unzureichende Klärung von Abwässern oder Düngereintrag aus der Landwirtschaft. Industrialisierte Staaten mit hoher Bevölkerungsdichte, intensiver Land- und Viehwirtschaft und dazu relativ kleinen Trinkwasserresourcen wie Deutschland, schneiden dabei denknotwendig schlechter ab, als Subsistenz-Agrarstaaten oder Staaten mit geringer Bevölkerungsdichte und großen Trinkwasserreserven wie Kanada. Aufgrund weitgreifender Kritik an Methode und Darstellung der Veröffentlichung wurde sie von der WHO zurückgezogen. Ob derart irreführende Falschdarstellungen aus Böswilligkeit, weltanschaulicher Dogmatik oder Dummheit erfolgen, kann man nach eigenem Gusto beurteilen.

Fazit

Zusammengefasst kann man nur zur Aussage gelangen, dass die Anforderungen an die Trinkwasserqualität in Deutschland im Laufe der Zeit immer strenger geworden sind. Die Fakten sprechen eindeutig gegen die suggerierte Behauptung, die Grenzwerte würden an eine abnehmende Trinkwasserqualität angepasst und immer weiter angehoben. Hier werden von AquaRichtig erneut ungeprüft Behauptungen übernommen, die in der Gesamtschau jeder tatsächlichen Grundlage entbehren.

Nachtrag

AquaRichtig hat den Wink mit dem Zaunpfahl wohl nicht erkannt und vermengt in der Replik weiterhin unbeirrt Trinkwasser und Grundwasser. AquaRichtig behauptet:

Unser Trinkwasser ist nach Malta in der EU das am meisten mit Nitrat belastete Trinkwasser überhaupt

und zitiert danach diesen Beitag als Belegstelle:

Schon jetzt hat Deutschland (neben Malta) bei Nitrat im Grundwasser die zweithöchste Belastung in der EU[…]

Merkste selbst, oder? Bei AquaRichtig offenkundig nicht.