AquaRichtigs gesammelter Unsinn über…
den pH-Wert

Auch zum pH-Wert hat man bei AquaRichtig interessante Ansichten. So scheint es bereits Schwierigkeiten beim grundsätzlichen Verständnis der Zusammenhänge bei diesem Wasserparameter zu geben:

„Ideal […] ist ein pH Wert von 6,2 bei […] einem guten Verhältnis von H+ und OH- Ionen“.

[AquaRichtig: Biogene Entkalkung durch CO2 Mangel im Aquarium]

Die Formulierung ergibt nur dann Sinn, wenn man annimmt, dass der pH-Wert und das Verhältnis von H+ und OH Ionen unabhängige chemische Parameter sind. Sie hängen allerdings untrennbar zusammen.

Der pH-Wert ist, vereinfacht ausgedrückt, der negative Zehner-Logarhythmus der Wasserstoff-Ionen-Konzentration (pH = -log c H+). Komplementär zum pH-Wert existiert der sogenannte pOH-Wert, der negative Zehner-Logarhythmus der Hydroxid-Ionen-Konzentration (pOH = -log c OH). Die Summe aus pH-Wert und pOH-Wert ist immer 14. Aus dem einen Wert ergibt sich also zwangsläufig der andere.

Aus dem pH-Wert lässt sich also der pOH-Wert unmittelbar ableiten. Aus pH-Wert und pOH-Wert lässt sich unmittelbar auf die Konzentration von H+ und OH- Ionen schließen. Bei einem bestimmten pH-Wert liegt folglich ein bestimmter pOH-Wert vor. Damit ist bei einem bestimmten pH-Wert auch immer ein ganz bestimmtes Verhältnis von H+ und OH Ionen gegeben.

Im Gegensatz zur denknowendigen Implikation der aquarichtigschen Darstellung kann bei einem pH-Wert von beispielsweise 6,2 nicht einmal das Verhältnis von H+– und OH-Ionen so und ein anderes mal so betragen.

Inwiefern sich der pH-Wert und das Verhältis von H+ und OH-Ionen unterscheiden, wo der pH-Wert doch gerade dieses Verhältnis ausdrückt, bleibt also das Geheimnis von AquaRichtig.

pH-Wert-Schwankungen

„Oft belustigt wurde darauf reagiert, dass pH-Schwankungen von sauer in alkalisch Fischen schwer zu setzen (schaden) und nicht anders verhält es sich bei pflanzen, dass starke pH – veränderungen diese beeinträchtigen, wie auch in dem Link oben (pflanzenorgane) in Wikipedia erwähnt“.

[AquaRichtig,2011 pH Wert im Aquarium]

Belege für diese steile These, dass pH-Schwankungen von sauer in alkalisch Fischen schwer zu setzen (schaden) kann oder will man bei AquaRichtig aber nicht erbringen. Die aufgestellte Behauptung selbst scheint für AquaRichtig schon ein hinreichender Beleg für ihre Richtigkeit zu sein. Dem ist aber nicht so. Genaue Zahlenwerte, um die Größenordnung der Schwankung überblicken und zu können, müssen dann selbst verständlich auch nicht genannt werden.

Ich streite nicht ab, dass extreme pH-Bereiche und starke pH-Wert-Schwankungen (besonders dann, wenn sie in einem relativ kurzen Zeitraum erfolgen) sich physiologisch nachteilig auf die Aquarienbewohner auswirken. Dabei muss berücksichtigt werden, ob diese extremen Bereiche und starken Schwankungen unter praktisch realistischen Bedingungen im Aquarium überhaupt auftreten und damit so ein Szenario realistisch ist. In der Art, wie es bei AquaRichtig formuliert wird, können Leser den Eindruck gewinnen, dass eine pH-Wert-Schwankung im Aquarium allein deshalb schädlich wirkt, weil dabei der Neutralpunkt überschritten wird. Verfolgt man diesen Ansatz weiter, bedeutete dies, dass selbst pH-Schwankungen über mehrere 10er-Potenzen nicht schädlich sind, sofern sich die Schwankung allein im sauren oder alkalischen Bereich, also < 7 oder > 7 abspielt. Eine pH-Wert-Schwankung von pH 6,9 auf 7,1 wäre demzufolge schädlich, eine Schwankung von beispielsweise pH 6,5 auf 2 oder von 7,2 auf 10 aber nicht. Das ist vollkommen unsinnig.

Um es noch einmal zu verdeutlichen. Ich stelle nicht die Aussage, dass starke Schwankungen des pH-Wertes sich schädlich auf Fische und pflanzen auswirken, in Frage, sondern die Behauptung, dass dies allein dadurch verursacht werden soll, dass die Schwankungen den Neutralpunkt überschreiten, unbeachtet der absoluten Magnitude. Es wird auch nicht in Frage gestellt, dass bereits kleinere Schwankungen des pH-Wertes im Aquariumwasser Auswirkungen auf die biologischen Vorgänge haben. Nur müssen diese Auswirkungen nicht auch gleich zwangsweise schon schädlich sein, wie man es bei AquaRichtig zumindest suggeriert.

Zum Dissoziationsgleichgewicht Ammonium ↔ Ammoniak und dem pH-Wert

„viele Aquarianer, besonders Neueinsteiger kennen ihre pH-Werte im Aquarium gar nicht und nicht selten hatten wir Aquarianer mit Problemen die nachInfo durch uns wenigstens den pH messen ließen. Nicht selten mit der Aussage, dass das Wasser noch mit pH 8 in Ordnung sei. Leider sind es wirklich nur sehr wenige Aquarianer die überhaupt pH-Werte unter 7 im Aquarium haben und deren Probleme sind oft auf hohe Ammoniakkonzentrationen zurück zu führen“.

[AquaRichtig, 2011: Ammonium und Ammoniak im Aquarium]

AquaRichtig vertritt hier nach meiner Ansicht eine sklavische Interpretation der Messwerte und unterschlägt das Problem, dass mittels augenscheinlicher Auswertung von Farbindikatoren kaum die erforderliche Messgenauigkeit zu erzielen ist. Zum anderen demonstriert man hier in meinen Augen ein extrem vereinfachtes Schwarz-Wieß-Denken über die Bedeutung des pH-Wertes im gegebenen Wertebereich für die biologischen Prozesse im Aquarium. Was aber ist, wenn der pH-Wert tatsächlich gar nicht, wie abgelesen, bei 8, liegt, sondern, wie in vielen Fällen, knapp darunter? viele Indikator-Tropfentests und Teststreifen können gar nicht so genau auflösen, als, dass man solche präzise Aussagen machen könnte, ganz abgesehen von der Schwierigkeit, die Farbnuancen entsprechend erkennen zu können.

Vollkommen unverständlich ist mir die Darstellung von AquaRichtig, dass gerade in Aquarien mit pH-Werten unter 7 [sic!] Probleme mit Ammoniak auftreten sollen. Das steht im kompletten Widerspruch zum pH-Wert abhängigen Dissoziationsverhalten von Ammonium und Ammoniak, wo der Ammoniak-Anteil mit sinkendem (saurer werdendem) pH-Wert gerade abnimmt.

„Leider sind es wirklich nur sehr wenige Aquarianer die überhaupt pH-Werte unter 7 im Aquarium haben und deren Probleme sind oft auf hohe Ammoniakkonzentrationen zurück zu führen“.

[AquaRichtig, 2011: Ammonium und Ammoniak im Aquarium]

Denn deren Probleme bezieht sich auf die sehr wenige[n] Aquarianer[,] die überhaupt pH-Werte unter 7 im Aquarium haben. Insbeonsondere unverständlioch ist mir diese Behauptung in Anbetracht der folgenden und inhaltlich vergleichbarer Äußerungen:

„Bei einem pH Wert von 7 ist das Verhältnis Ammonium/Ammoniak 99:1 und hier mit steigender Tendenz mit steigendem pH Wert. Bei pH 9 liegt das Verhältnis schon bei 70:30 und bei pH 10 bei 5:95“.

[AquaRichtig, 2011: Ammonium und Ammoniak im Aquarium]

Aber vermutlich meint man bei AquaRichtig hier wieder das Gegenteil dessen, was man schreibt.

pH-Wert und Osmosewasser

Im Süßwasser lässt sich [mit Osmosewasser, Anm. des verfassers] ohne Hilfsmittel kein pH unter 7,2 einstellen. Behauptet man zumindest bei AquaRichtig – begründen tut man es nicht. In wie weit ist die These nun durch Fakten gedeckt?

Der Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Puffer.

Der pH-Wert wird im Süßwasseraquarium durch den Kohlensäure Hydrogencarbonat-Puffer bestimmt, solange Hydrogencarbonat im Wasser gelöst ist. Der pH-Wert ist dabei nach den Regeln des Massenwirkungsgesetzes die Resultierende aus dem Stoffmengen verhältnis von Kohlensäure und und Hydrogencarbonat.

  • H2CO3 H+ + HCO3

Die Kohlensäure-Konzentration hängt unmittelbar proportional von der CO2-Konzentration ab. Etwa 0,2 % des physikalisch im Wasser gelösten Kohlendioxids reagieren mit Wasser zu Kohlensäure.

  • H2CO3

Die Konzentration an Hydrogencarbonat wird über die Karbonathärtemessung bestimmt, da die Karbonathärte (beziehungsweise das eigentlich gemessene Säurebindevermögen bis pH 4,3 (SBV)) praktisch mit der Hydrogencarbonat-Konzentration gleichzusetzen ist.

    ° dKH × 0,36 c HCO3 in mmol⁄l

Der pH-Wert ist dabei nach den Regeln des Massenwirkungsgesetzes die Resultierende aus dem Stoffmengen verhältnis von Kohlensäure und und Hydrogencarbonat. Der Mechanismus beruht auf den Gleichgewichtsreaktion vonKohlendiaoxid, Wasser, Kohlensäure und Hydrogencarbonat.

Die Dissoziationskonstante dieser Gleichgewichtsreaktionen ist – wie der Name bereits erahnen lässt – konstant. Bei gleichen Bedingungen ist das Stoffmengenverhältnis also immer gleich. Da die Stoffmenge freier Protonen beziehungsweise Oxonium-Ionen den pH-Wert bestimmt und ebenfalls von diesem Gleichgewicht abhängt, ist der pH-Wert unmittelbar an das Gleichgewicht von Kohlensäure und Hydrogencarbonat gebunden.

Dabei verändert sich der pH-Wert zwangsläufig, wenn sich die Konzentration mindestens einer der beiden Komponenten – Kohlensäure und Hydrogencarbonat – ändert. Das bedeutet folglich, dass:

  1. der pH-Wert sinkt
    • wenn bei gleicher Kohlensäure-Konzentration die Karbonathärte gesenkt wird
    • wenn bei gleichbleibender Karbonathärte die CO2-und damit die Kohlensäure-Konzentration erhöht wird
  2. der pH-Wert steigt
    • wenn bei gleicher Kohlensäure-Konzentration die Karbonathärte erhöht wird
    • wenn bei gleichbleibender Karbonathärte die CO2-und damit die Kohlensäure-Konzentration gesenkt wird
  3. Der pH-Wert bleibt dagegen unverändert.

    • wenn sowohl die Kohlensäure-, als auch die Hydrogencarbonat-Konzentration in gleichem Stoffmengen verhältnis sinkt oder steigt

    Es ist daher für den pH-Wert völlig unerheblich, wie die Hydrogencarbonat-Konzentration im Wasser verändert wird. Im Falle der verminderung also ob durch Entcarbonisierung mittels Mineralsäure oder Teilentsalzung per Kationentauscher, durch vollentsalzung per Umkehrosmose oder Ionentauscher.

    Je nach Ausgangswasser und Arbeitsbedingungen weist Umkehrosmose-Permeat eine Karbonathärte zwischen nahezu 0 und einem Grad dKH auf.

    Folglich gibt es auch weder einen Mechanismus, der verhindern kann, dass sich in oder mit Umkehrosmose-Permeat der pH-Wert unter 7,2 einstellt oder einstellen lässt, noch wird die These durch Messungen bestätigt.

    Mit und in Umkehrosmose-Permeat lässt sich ohne Weiteres ein pH-Wert unter 7,2 einstellen. Bereits praxisübliche CO2-Konzentrationen genügen dazu. Aber vielleicht ist die Ansäuerung durch natürlicherweise durch aerobe Atmungsprozesse entstehde Kohlensäure bereits ein Hilfsmittel bei AquaRichtig.

AquaRichtigs gesammelter Unsinn über…
Wasserhärte

Die Gesamthärte ist als Summe der im Wasser gelösten Erdalkalimetall-Salze definiert und wird als Konzentration der Erdalkalimetall-Ionen (Erdalkalien) gemessen. Die Erdalakalimetalle sind die Elemente der zweiten Hauptgruppe des Periodensystems der Elemente. Konkret sind es die Elemente Beryllium (Be), Magnesium (Mg), Calcium (Ca), Strontium (Sr) und Barium (Ba), sowie das radioaktive und nicht stabile Radium (Ra).

In natürlichen Wässern sind vornehmlich die Salze von Calcium und Magnesium als Wasserhärtebildner von Bedeutung. Die Erdalkalimetalle liegen im Wasser gelöst als zweiwertige Kationen ( Ca2+, Mg2+ ) vor, sind also zweifach positiv geladen. Bestimmt wird die Gesamthärte über die Konzentration der Erdalkalimetall-Ionen.

Man hat es sich bei AquaRichtig nicht nehmen lassen, auch über die Wasserhärte diversen grandiosen Unnsinn zu verbreiten.

Calcium-Salze, die nur die KH und nicht die GH erhöhen?

Im Artikel Natriumhydrogencarbonat zur Aufhärtung der Karbonathärte (KH) im Aquarium bei AquaRichtig ist der folgende Absatz zu lesen.

„KH Plus kann durchaus zu einem Teil aus Natriumhydrogencarbonat bestehen, sofern auch Kalium und Calcium-Salze, die rein nur die KH und nicht die GH erhöhen Bestandteil dessen sind“.

[AquaRichtig, 2011]

Laut AquaRichtig gibt es folglich Calciumsalze, die rein nur die KH und nicht die GH erhöhen. Wir überprüfen diese Behauptung anhand der einschlägigen Fakten.

Die Gesamthärte ist per Definition nach DIN 19640 die Summe aller im Wasser gelösten Erdalkalimetallsalze. Bestimmt wird die Gesamthärte nach DIN 38409-6 über die Konzentration der gelösten Erdalkalimetall-Ionen. Die Erdalkalimetalle, das sind die Elemente der zweiten Hauptgruppe des Periodensystems der Elemente – Beryllium,Calcium,Magnesium,Barium,Strontium und Radium. In der Praxis spielen davon in den meisten Wässern aber meist nur Calcium und Magnesium eine Rolle. Calcium ist somit ein Erdalkalimetall. Lösen sich Calciumsalze in Wasser, steigt die Calciumkonzentration und damit die Gesamthärte.

  • Die Gesamthärte ist die Summe aller im Wasser gelösten Erdalkalimetallsalze
  • Calcium ist ein Erdalkalimetall
  • beim Lösen von Calcliumsalzen steigt die Konzentration von Calcium im Wasser
  • Folglich steigt die Gesamthärte zwangsläufig ebenfalls an.

Das einzige Calciumsalz, welches die Karbonathärte anzuheben vermag, ist das Calciumsalz der Kohlensäure, Calciumcarbonat CaCO3. Calciumcarbonat erhöht auch die Gesamthärte. Hydrogencarbonate der Erdalkalimetalle existieren unter Normalbedingungen nicht als Feststoff.

Es gibt auch Calciumsalze, wie Calciumsilikat CaSiO3, die mangels Löslichlichkeit in Wasser auch die Gesamthärte nicht oder bestenfalls nur in Spuren erhöhen. Es ist deshalb völlig widersinnig, mit praktisch wasserunlöslichen Salzen die Ionenfracht im Wasser verändern zu wollen. Alle (wasserlöslichen) Calciumsalze erhöhen beim Lösen in Wasser die Gesamthärte. Calciumsalze, die rein nur die KH und nicht die GH erhöhen, gibt es nicht. Die Calciumsalze anderer Säuren als der Kohlsenäure wie Calciumsulfat (Calciumsalz der Schwefelsäure = Gips) oder Calciumchlorid (Calciumsalz der Salzsäure) erhöhen die Gesamthärte, onhe die Karbonathärte anzuheben.

Gips als Magnesium?

Gips ist ein bewährtes Mittel, die Gesamthärte im Süsswasseraquarium anzuheben. AquaRichtig nimmt dies zum Anlass, sich über diese angeblich inkompetente Empfehlung zu echauffieren:

„Auch die Zugabe von Gips wurde […] erwähnt und der Leser kann mehrfach erkennen, was so manche kursierenden Tipps die Wasserwerte beeinflussend wirklich wert sind“.

[Natriumhydrogenkarbonat zum aufhärten [sic!] der Karbonathärte oder doch nicht?]

Bei AquaRichtig bekommt der Leser wie üblich statt einer nachvollziehbaren und fundierten Darlegung konkreter Argumente und Fakten, was nun genau dagegen spricht, die Gesamthärte mittels Gips anzuheben, nur halbgare Brocken, nebulöse Andeutungen und hohle Phrasen vorgeworfen.

Im Artikel von AquaRichtig wird behauptet, die Empfehlung laute, man solle Gips als Magnesium verwenden. Nun ist Gips in Essenz Calciumsulfat (CaSO4), also das Calciumsalz der Schwefelsäure. Gips ist somit ein Calciumsalz. Gips kommt in der Natur als Mineral Anhydrit vor, welches ein wichtiger Rohstoff für den Baustoff Gips ist.

Die Formulierung erweckt beim Leser aber den Eindruck, man solle laut angeblich Gips als Magnesium-Quelle zur Wasseraufbereitung einsetzen. Das ist natürlich in sofern unsinnig, als dass Gips folglich – abgesehen von Beimengungen in Anhydrit oder möglichen Verunreinigungen im Spurenbereich – gar kein Magnesium enthält.

Nun liegt der Fehler nicht in der angeblichen Empfehlung, Gips zum Anheben der Gesamthärte einzusetzen, sondern in der irrigen Annahme AquaRichtig, Gips sei eine Magnesiumverbindung.

Außerdem konstruiert man bei AquaRichtig aus der Empfehlung, mit beispielsweise Gips die Gesamthärte oder mit Natriumhydrogencarbonat die Karbonathärte anzuheben, die Strohpuppe, es würde empfohlen, man solle vollentsalztes Wasser ausschließlich mit Gips und / oder Natriumhydrogencarbonat aufbereiten. Weiterhin bringt man wieder das bekannte Trivialargument, dass zu viel schlecht ist. Bei AquaRichtig streitet das nicht etwa für die sachgerechte Anwendung, sondern gegen die Anwendung überhaupt. Im Bezug auf Pflanzennährstoffe bedeutet dies, folgt man der Logik von Aquarichtig, dass Pflanzen am besten ohne Nährstoffe gedeihen müssten. Denn Ein Übermaß ist auch hier schädlich. Ob solch abstruse Argumente das nun rabulistisches Kalkül oder bloßes Defizit beim Sach- und Textverständnis ist, vermag ich nicht zu sagen.

Nitrat erhöht die Gesamthärte?

Dass man bei AquaRichtig ganz eigenwillige Ansichten zur Wasserchemie vertritt, ist bereits bekannt. Dennoch ist AquaRichtig immer für Überraschungen gut. So hat man dort die folgende Behauptung aufgestellt:

„Sicher ist dass der Nitratgehalt des Wassers maßgebend Einfluss auf die Gesamthärte […] des Wassers nimmt“.

[AquaRichtig am 06.01.2012 auf Facebook]

Auch im Artikel Vollentsalzer, Teilentsalzer, Osmose-Anlage Information stellt man diese interessante Thesen zur Aquarienchemie auf:

„Auch die Gesamthärte des Wassers kann durchaus durch besondere Umstände um ein vielfaches höher sein als die Karbonathärte. 1 mg/l Nitrat zum Beispiel wirkt sich auf die Gesamthärte mit 1 dGH aus“.

[ AquaRichtig: Vollentsalzer, Teilentsalzer, Osmose-Anlage Information]

Bei AquaRichtig hat man die steile These vielleicht hier aufgeschnappt, wo zu lesen ist:

„Einfluss von Stickstoffverbindungen auf die Wasserhärte: 1 mg/l Nitrat entspricht einer Erhöhung der Gesamthärte um 1 °dGH. Im vorbelasteten Ausgangswasser mit Nitratgehalten von 20 mg/l oder mehr ist die Differenz zwischen Gesamthärte und Karbonathärte also entsprechend grösser als die erwähnten 80 %. Die Gesamthärte mit ihrem NKH-Anteil ist für die Pflege von Aquarienfischen ein zwar wichtiger Parameter, allerdings kann ein hoher Nitratgehalt die GH rasch in Höhen treiben, die eine Pflege nach den üblichen Empfehlungen (Pflegebedingungen) weitgehend ausschliessen“.

Das Nitrat-Ion ist nun weder ein Erdalkalimetall, noch ein Metall, noch handelt es sich um ein Kation sondern um ein Anion. Nitrat fällt weder unter die Definition der Gesamthärte noch wird es bei der Bestimmung der Gesamthärte messtechnisch erfasst. Nitrat hat keine Auswirkung auf die Gesamthärte, weder eine senkende noch eine erhöhende (was man hier bei AquaRichtig wohl mutmalich meint).

Der einzige Zusammenhang, den es zwischen der Nitratkonzentration und einem Anstieg der Gesamthärte gibt, ist die Lösung von Erdalkalimetallen aus ihren Carbonaten aufgrund der durch Nitrifikation freiwerdenden Säure.

Dies passt aber stöchiometrisch nicht zu der Angabe eines Anstiegs der Gesamthärte von 1° dGH pro 1 mg/l Nitrat. Das Nitrat-Anion hat eine molare Masse von etwa 63 Gramm. 63 mg Nitrat entsprechen also einem Millimol.

1° dGh entspricht 0,1783 mmol Erdalkalien. Da die Erdalkalimetalle zweiwertige Kationen bilden, ergibt sich ein Verhältnis von eins zu zwei. Pro durch Nitrifikation gelöstem Mol Erdalkalien sind also zwei Mol Nitrat nötig. Übertragen auf die Gesamthärte bedeutet das, dass 0,36 mmol/l salpetrige Säure (vereinfacht Nitrit) durch Nitrifikation entstehen müssen, um 0, 1783 mmol/l Erdalkalien in Lösung zu bringen.

    2 NH3 + 3 O2 —> 2 NO2 + 2 H+ + 2 H2O
    2 NO2 + 2 H+ + CaCO3 —> Ca2+ + 2 NO2 + H2O + CO2
    Ca2+ ± 2 NO2 + O2 — Nitritoxidierer —> Ca2+ + 2 NO3

Nitrit wird dann weiter zu Nitrat oxidiert. Wird die Gesamthärte auf diesem Weg erhöht, steigt also pro 1° dGH die Nitratkonzentration gleichsam um 0,36 mmol/l × 63 mg/mmol = fast 23 mg/l.

Die Gesamthärte steigt also nur durch im Aquarium selbst auf dem Wege der Nitrifikation entstehendes Nitrat an und auch nur dann, wenn die dabei entstehende salpetrige Säure Härtebildner aus Erdalkalicarbonaten wie Kalkstein lösen kann. Allerdings wird zuvor der Hydrogencarbonat-Puffer der im Wasser gelösten Hydrogencarbonat-Anionen durch die entstehende Säure angegriffen. Ein Anstieg der Gesamthärte auf diesem Weg ist somit zwar ein chemisch mögliches aber unplausibles Szenario

Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links

weiterführende Literatur

  • Geisler,R. Wasserkunde für die aquaristische Praxis. Alfred Kernen verlag Stuttgart
  • Gonella,H. & Hironimus,H. (2003) Perfektes Aquarienwasser. bede – verlag Ruhmannsfelden. ISBN. 3-89860-044-0
  • Hohl,D. (1994) Aquarienchemie. Urania verlag Leipzig. ISBN 3-332-00471-9
  • Hückstedt,G. Aquarienchemie. Frank;sche Verlagshandlung,Stuttgart
  • Kassebeer, G. (1986) Ein Analytikkurs für Aquarianer von Dr. Gerd Kassebeer. III. Die Karbonathärte des Aquariumwassers. In: Aquarium Heute (AH) I v (3) 33-35
  • Horst, K. & Kipper,H. (1981) Das perfekte Aquarium. 4 Auflage,Tetra verlag Melle. ISBN 978-3-88244-177-2
  • Wachtel,H. (1963) Aquarienhygiene. Frank;sche Verlagshandlung,Stuttgart
  • Kassebeer, G. (1986) Ein Analytikkurs für Aquarianer von Dr. Gerd Kassebeer. I. Die Härte des Aquarienwassers. In: Aquarium Heute I v (1),S.36-38