Im Beitrag Vollentsalzer oder Osmose-Anlage – Pro und Contra gibt es jetzt eine weitere Episode der aquarichtigschen Horrorgeschichten zu lesen:
„Die ganz harten Profis raten zur Senkung des pH-Wertes Salzsäure zu verwenden. Wir haben ob dieser hirnrissigen Methode der pH-Senkung schon Diskus mit triefenden Schleimhäuten zu sehen bekommen. Gibt man Salzsäure dem Wasser zu bilden sich daraus pH-Wert senkende H+-Ionen und Chlorid-Ionen. Näher darauf ein zu gehen ist im Grunde müssig“.
Dass man ob dieser hirnrissigen Methode der pH-Senkung schon Diskus mit triefenden Schleimhäuten zu sehen bekommen
hat, liegt weniger an der Methode als an ihrer fehlerhaften Anwendung liegen. Womöglich ist es auch ein bloßes Fantasieprodukt von AquaRichtig.
Die pH-Wert-Senkung durch Entcarbonisierung mit Mineralsäuren ist eine ganz einfache Kiste, die man sogar berechnen kann. Salzsäure reagiert zu gleichen Stoffmengenanteilen mit den Hydrogencarbonat-Ionen der „Karbonathärte“ (temporäre Härte) zu Wasser und Kohlenstoffdioxid.
- Ca2+ + 2 HCO3– + 2 H+ + Cl– ↔ Ca2+ + 2 Cl– + 2 H2O + 2 CO2
Man kann es auch so formulieren, dass die temporäre Härte entsprechnd anteilig in permanente Härte (hier: Chloridhärte) umgewandelt wird.
Um die Karbonathärte in einer bestimmten Menge Wasser um einen bestimmten Wert zu senken, wird eine bestimme Stoffmenge Salzsäure benötigt. Wie groß das benötigte Volumen Salzsäure ist, hängt von ihrer Konzentration ab. Wer es übertreibt, zerstört die Karbonathärte vollends, senkt sie also auf Null und hat womöglich noch einen Salzsäure-Überschuss im Wasser. So banale Dinge wie eine KH- und pH-Wert-Messung darf man wohl nicht erwarten. Die ganz harten Profis
wissen wie man die Sache richtig angeht und erklären das regelmäßig auch ausführlich, wie es beispielweise Gerd Kassebeer hier beziehungsweise einst in der „Aquarium Heute“ getan hat. Mit der Unfähgkeit des archetypischen dümmsten anzunehmenden Aquarianers und den Folgen seines Handels zu argumentieren, hat aber wohl Tradition bei AquaRichtig.
Das man bei AquaRichtig ein mangelndes Verständnis chemischer Vorgänge und Zusammenhänge pflegt, zeit sich bereits in der Formulierung:
„Gibt man Salzsäure dem Wasser zu bilden sich daraus pH-Wert senkende H+-Ionen und Chlorid-Ionen“.
Salzsäure ist zunächst bereits eine wässrige Lösung von Chlorwasserstoff. Chlorwasserstoff ist ein Gas, das beim Lösen in Wasser in H+ und Cl–-Ionen zerfällt. In der Regel wird man wohl kaum gasförmigen Chlorwasserstoff ins Aquariumwasser leiten, sondern bereits mit Salzsäure arbeiten. Heißt konkret: Chlorwasserstoff wird nicht erst in Ionen zerfallen, wenn man Salzsäure ins Wasser gibt. Salzsäure ist bereits eine wässrige Lösung von Chlorwassertoff-Gas, in der dieses bereits praktisch vollständig in Ionen dissoziiert vorliegt.
Daher ist es schon verständlich, wieso es für AquaRichtig müßig, näher darauf einzugehen, wieso diese von vielen Aquarianern angewandte Methode hirnrissig
ist. Man kann den Eindruck gewinnen, dass es mangels Sachverstand auch gar nicht dazu reichen würde, eine stichhaltige, nachvollziehbare und konkrete Erklärung von AquaRichtig dazu zu erhalten. Denn offenbar hält man speziell stichhaltige Darstellungen generell für überflüssig.
Sofern man darauf abstellen will, dass die eingetragenen Chlorid-Ionen die Chlorid-Konzentration im Wasser erhöhen, so ist dies so richtig wie banal. Will man aber darüber hinaus darauf abstellen, dass dies unweigerlich auch negative Folgen für die Aquarienbewohner hat, so bleibt man wie so oft einen stichhaltigen Beweis schuldig. Die Beweisführung einer negativen Wirkung von Chlorid im Wasser erschöpft sich bei AquaRichtig in der banalen Feststellung, dass – wohl gemerkt: entsprechend hohe Konzentrationen vorausgesetzt – zuviel Chlorid im Wasser schädlich ist. Das dies schon beim nach der Entcarbonisierung mit Salzsäure vorliegenden Konzentrationsbereich der Fall sein soll, legt man aber bei AquaRichtig weder dar , noch quantifiziert man überhaupt die Sachlage. Wohlgemerkt: Senkt man um 1°d KH (0,36 mmol/l HCO3–), steigt die Chlorid-Konzentration um 0,36 mmol/l oder 12,8 mg/l.
Es steht damit weder infrage, dass bei der Entcarbonierierung mit Salzsäure (aber auch nier hier) die Chlorid-Konzentration im Wasser steigt, noch dass entsprechend hoche Chlorid-Konzentrationen im Wasser negative Folge für die Aquarienbewohner haben können. Die logische Lücke der aquarichtigschen Argumentation besteht darin, darzulegen, wie hoch die Chlorid-Konzentration tatsächlich ist, sowie anhand von Daten plausibel darzustellen, dass die beschworenen negativen Folgen auch bei und insbesondere durch die konkret vorliegenden Chlorid-Konzentrationen eintreten können.
Die von AquaRichtig vorgebrachten Argumente gegen die Entcarbonisierung mit Mineralsäure sind der Ansteig der Chlorid-Konzentration (was nur bei Salzsäure zutrifft) und die Verätzungsgefahr für die Fische (was nur beim direkten Einsatz im Aquarium zutrifft). Werden andere Mineralsäuren eingesetzt, beispielsweise Schwefelsäure, steigt die Chlorid-Konzentration nicht, findet die Aufbereitung außerhalb des Aquariums statt, besteht keine Verätzungsgefahr für die Fische.
Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links
externe verweise auf andere themenrelevante Internetangebote:
- de.wikipedia.org: Salzsäure
- de.wikipedia.org: Chlorwasserstoff
- de.wikipedia.org: Entcarbonisierung
- de.wikipedia.org: Chloride