AquaRichtigs gesammlter Unsinn über
biogenene Entkalkung

Im Artikel Biogene Entkalkung durch CO2 Mangel im Aquarium spricht AquaRichtig davon, dass es in Folge von CO2-Mangel im Aquarium eines Kunden zu einem Säuresturz durch biogene Entkalkung gekommen sei.

Gemäß dem bei AquaRichtig veröffentlichten Artikel erlebte ein Aquarianer den gefürchteten Säuresturz. Der Aquarianer stellte laut AquaRichtig bei einer Routinemessung der Wasserwerte fest, dass die Karbonathärte nicht mehr nachweisbar war, während der pH Wert auf beinahe 9, bei einer normalen Gesamthärte stand.

Laut AquaRichtig sei die Ursache für die schwindende Karbonathärte und den steigenden pH Wert‘ die biogene Entkalkung des Wassers welche zum gefürchteten Säuresturz führte.

Da bei der biogenen Entkalkung gleiche Stoffmengen Härtebildner und Carbonat ausgefällt werden, ist auch ein Rückgang von sowohl Gesamthärte als auch Karbonathärte die Folge. Die Beobachtung einer nicht mehr nachweisbaren Karbonathärte bei gleichzeitig „normaler“ (= unveränderter?) Gesamthärte spricht daher gegen das Phänomen biogene Entkalkung als Erklärungsmodell für den geschilderten Fall.

Außerdem hat man bei AquaRichtig ein eigenwilliges Verständnis des Begriffs Säuresturz. Einen Anstieg
des pH-Wertes in den alkalischen Bereich als Säure-Sturz zu bezeichnen, ist allein schon semantisch völlig widersinnig.

Biogene Entkalkung und Säuresturz sind zwei unterschiedliche Prozesse, die zudem gänzlich verschiedene Ursachen haben. Ihre Gemeinsamkeit besteht lediglich darin, dass sie das Kohlensäure-Hydrogencarbonat- Puffersystem betreffen und zu bedeutenden Veränderungen des pH-Wertes im Aquariumwasser führen. Die pH-Wertänderung findet dabei aber am jeweils entgegengesetzten Ende der Skala statt. Ein pH-Wert Anstieg mit pH um die 10 ist kein Säuresturz.

Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Puffer und biogene Entkalkung

AquaRichtig stellt man im Beitrag Natriumhydrogenkarbonat zum aufhärten der Karbonathärte oder doch nicht? korrekt fest, dass das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht, oder Puffer-System [gemeint ist vermutlich das Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Puffersystem] eine wichtige Rolle zur Stabilierung der Werte [gemeint ist offenbar konkret der pH-Wert] spielt. AquaRichtig führt allerdings fort, dass bei Fehlen des Hydrogencarbonat-Puffersystems bei gleichzeitig geringem Kohlensäure-Gehalt im Wasser, es zur biogenen Entkalkung und einem dadurch verursachen Absturz des pH-Wertes […] nach oben [gemeint ist offenbar der pH-Wert-Anstieg] käme.

Bei der biogenen Entkalkung decken Algen und höhere Wasserpflanzen aufgrund eines Mangels an gelöstem CO2 ihren Kohlestoffbedarf, indem sie das benötige CO2 aus gelösten Hydrogencarbonat-Ionen entziehen. Damit biogene Entkalkung stattfinden kann, muss daher zwingend Hydrogencarbonat im Wasser gelöst vorliegen. Folglich ist auch der Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Puffer gegeben.

Laut AquaRichtig soll es allerdings zu einem pH-Wertanstieg durch biogenen Entkalkung kommen, wenn gerade kein gelöstes Hydrogencarbonat im Wasser vorliegt. Biogenen Entkalkung ist tatsächlich ein Prozess, der in der Natur ausschließlich in gut gepufferten, karbonatisch geprägten Gewässern zu beobachten ist. Also solchen Gewässern, die eine hohe Karbonathärte und hartes Wasser aufweisen.

Zu Kalk-Akkretionen auf den Blättern der Wasserpflanzen kommt es allerdings auch, wenn dem umgebenden Wasser freies CO2 entzogen und so die Kalk-Löslichkeit herabgesetzt wird. Zudem kommt es gerade in weichen, schwach gepufferten Wässern bei wenig gelöstem Kohlendioxid zu einem starken Ansteigen des pH-Wertes.

So ist auch die im Beitrag geäußerte Ansicht, dass ein Wasser mit pH über 8 […] in einem bepflanzten Aquarium ohne CO2 Zugabe schon ein großes Risiko sei unnsing. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ein pH-Wert-Anstieg in den deutlich alkalischen Bereich findet ja gerade dann und deshalb statt, wenn die Pflanzen aufgrund ihrer Fotosyntheseaktivität CO2 entziehen. Wird CO2 zugedüngt, so ist die CO2-Konzentration ja gerade mehr oder weniger konstant, weil sie durch künstliche Zufuhr ständig nachgeliefert wird. Ein derartiger pH-Wert-Anstieg ist also bei CO2-Zufuhr überhaupt nicht zu erwarten. Das Risiko stellt sich zudem rein satzsemantisch wohl nur ein, wenn das Aquariume a) bepflanzt ist und zudem b) kein CO2 zugeführt wird. Daraus ergibt sich daher auch die Aussage, dass ein pH-Wert über 8 in einem bepflanzten Aquarium kein großes Risiko ist, wenn CO2 zugeführt wird oder dass ein deratiger pH-Wert in einem unbepflanzten Aquarium ebenfalls kein Risiko darstellt.

Fazit

Zuerst ist fraglich, ob im beschriebenen Fall überhaupt biogene Entkalkung stattgefunden hat. Zwar ist der angebene pH-Wert von fast 9 hoch. Als Ablesewert liegt er aber bei einem nicht unüblichen, tatsächlich leicht alkalischen pH-Wert um 8 im Aquarium noch im Bereich von Ablesefehler und Messungenauigkeit aquaristisch üblicher Indikatortropfentests.

Ich habe abermals den Eindruck, dass man bei AquaRichtig über Dinge schreibt, von denen man selbst weder die Grundlagen geschweige denn weitere Zusammenhänge versteht. Man schafft es wieder, in einem Artikel zu einem einzigen Thema Falschbehauptungen zu verschiedenen Sachverhalten zu veröffentlichen. Eben diese regelmässige inhaltliche Streuung der Falschbehauptungen auf unterschiedliche Sachverhalte in einem einzelnen Text lässt eine geschlossene Erörterung der Texte von AquaRichtig wenig sinnvoll erscheinen.

AquaRichtig darf selbstverständlich weiterhin Hefegährungs-CO2-Anlagen vekaufen. AquaRichtig sollte dem potentiellen Kunden für einen echten Mehrwert des eigenen Internetauftritts aber vielleich doch besser Information statt Falschinformation bieten. An der Tatsache, dass man bei AquaRichtig objektiv vielgestaltigen Unsinn zu lesen bekommt ändert auch der Umstand nichts, dass sich mancher Leser subjektiv gut beraten fühlt.

AquaRichtig gesammelter Unsinn über… Umkehrosmose und andere Membranfiltrationsverfahren

Bei AquaRichtig gibt es anscheinend keinen Artikel, in dem nicht mindestens ein gravierender Fehler enthalten ist. Dabei ist gar nicht mal sorgfältigste wissenschaftliche Recherche[] – welche man bei AquaRichtig angeblich für die eigenen Artikel betreibt – notwendig, damit das nicht passiert. Eine simple Recherche mit Querlesen in einschlägiger Literatur würde schon helfen, zumindest die gröbsten Schnitzer zu vermeiden. Vorausgesetzt, der Inhalt wird auch verstanden.

Diesmal geht es um die Umkehrosmose und verwandte Membranfiltrationsverfahren. Dazu ist bei AquaRichtig Folgendes zu lesen:

„Keime werden durch die Osmosemembrane nicht abgewehrt da die Membrane einen Schlupf von bis 5% hat. Lediglich Holzfasermembranen [sic!] sollen einen sicheren Schutz vor Verkeimung bieten. Diese werden aber nicht in den herkömmlichen Osmoseanlagen eingesetzt“.

[AquaRichtig Vollentsalzer Kati und Ani 9000 Härteliter]

Holzfasermembranen findet man eigentlich in Lautsprechern. Mit Holzfasermembranen sind aber vermutlich Hohlfasermembranen oder -module gemeint. Hohlfasermembranen werden in der Umkehrosmose verwandten Membranfiltrationsverfahren eingesetzt.

Membranfiltrationsverfahren: Typen und Funktionsprinzip

Bei Membranfiltrationsverfahren werden in einem Lösemittel wie Wasser gelöste Teilchen durch einen physikalisch-chemischen Siebeffekt der Membran vom Lösemittel abgetrennt. Die wichtigste physikalisch-chemische Eigenschaft, anhand derer die Teilchen vom Lösemittel getrennt werden, ist deren Grösse, Durchmesser oder Molekulargewicht. Dabei werden unterschiedliche Membrantypen eingesetzt, die wichtigsten sind Hohlfasermembranen und Flächenmembranen. Das Lösemittel samt der darin gelösten Teilchen wird dazu mit Druck durch die Membrane befördert.

Die Membranfiltrationsverfahren werden anhand der Untergrenze der zurückgehaltenen Teilchengrösse in Mikrofiltration > Ultrafiltration > Nanofiltration > Hyperfiltration (Umkehrosmose) unterschieden. Umkehrosmoseanlagen können also kleinere Teilchen zurückhalten als andere Membranverfahren.

Verfahren Teilchenuntergrenze Einsatzbeispiel
Partikelfiltration 1 µm Herausfiltern von partikulären Trübstoffen
Mikrofiltration 0,1 µm Herausfiltern von kolloidalen Trübstoffen
Ultrafiltration 0,01 µm Entkeimung von Trinkwasser
Nanofiltration 0,001 µm Teilenthärtung und Teilentsalzung
Umkehrosmose ≅ 0,0002 µm Vollentsalzung

Die Untergrenze der von der Membran zurückgehaltenen Teilchen wird durch den Durchmesser der Öffnungen in der Membran bestimmt. Bei Mikro- und Nanofiltration werden die Teilchen rein mechanisch durch die Porengrösse in der Membran abgetrennt.

Mikrofiltration und Ultrafltration arbeiten rein mechanisch nach dem Filterprinzip. Im Gegensatz dazu arbeiten Nano- und Hyperfiltration nach dem Prinzip der Diffusion. Bei der Umkehrosmose muss deshalb im Gegensatz zu den anderen Membranverfahren, auch gegen den vollen osmotischen Druck der Lösung gearbeitet werden. Bei der Rückhaltefähigkeit von Nano- und Hyperfiltration spielen deshalb neben der Grösse auch andere Eigenschaften, wie die Ladung oder die räumliche Stuktur der Teilchen eine Rolle.

Rückhaltevermögen und Teilchengrösse

So ist ein Wassermolekül mit 300 Nanometern zwar grösser als das nur etwa 200 Nanometer großes Natrium-Ion. Das Natrium-Ion kann aber aufgrund seiner Ladung die Membran nur langsamer passieren als das ungeladene Wassermolekül. Es gelangen zwar grundsätzlich auch Natrium-Ionen durch die Membran, in der selben Zeit passieren aber weitaus mehr Wassermoleküle hindurch. Dabei gilt, je grösser die Ladung, desto langsamer kann das Teilchen die Membran passieren. Mehrwertige Ionen werden daher besser zurückgehalten als einwertige.

Umkehrosmoseanlagen halten Bakterien zurück

Das erklärt auch, wieso Hohlfasermembranen nicht für Umkehrosmoseanlagen eingesetzt werden. Hohlfasermembranen können Teilchen der Grössenordnung von Ionen anorganischer Salze nicht – im Falle der Nanofiltration höchstens zum Teil – zurückhalten. Folglich können Hohlfasermembranen auch nicht das von der Umkehrosmose gewünschte Ergebnis, (nahezu) vollentsalztes Wasser, liefern. Laut AquaRichtig sollen allerdings die anderen Filtrationsverfahren mit ihren Hohlfasermembranen offenbar Bakterien zurückhalten können, die deutlich feineren Membranen von Umkehrosmoseanlagen aber nicht.

Der Durchmesser eines Natrium-Kations mit 0,0002 µm um den Faktor 10000 kleiner als der eines typischen Bakteriums mit 2 × 6 µm. Wenn also mittels Mikrofiltration bereits Partikel in der Grösse von Bakterien zurückhalten werden, dann können Umkehrosmoseanlagen das erst recht. Bei AquaRichtig kommt der Elefant nicht durch das Scheunentor, durch das Nadelöhr soll er aber passen.

Umkehrosmose-Membranen haben auch tatsächlich Schlupfraten von etwa 5-10% oder Rückhalteraten von 90 bis über 98%. Das gilt allerdings für Ionen, nicht für Bakterien. Die Rückhalterate hängt zudem von den Einsatzbedingungen (z. B. Temperatur, Wasserdruck) als auch der jeweiligen Ionenspezies ab. Große Ionen haben bessere Rückhalteraten als kleine Ionen.

Ein Verkeimen (Biofouling) der Membran selbst wird auch bei Hohlfasermembranen nicht verhindert, da die zurückgehaltenen Bakterien in beziehungsweise an der Membran verbleiben. Die regelmässige Instandhaltung durch Entfernung von Biofilmen und anderen Verblockungen (Scaling) auf mechansichem Weg wie Rückspülen oder auf chemischem Wege ist bei jedem Membranfiltrationsverfahren notwendig. Auch Ionentauscherharze sind nicht vor diesen Problemen gefeit.

Umkehrosmosepermeat, Karbonathärte und pH-Wert

Im Süßwasseraquarium wird der pH-Wert regelmäßig durch das Zusammenspiel von Karbonathärte und CO2-Konzentration bestimmt. Dabei ist es völlig egal, wie die Karbonathärte verändert wird. Ob sie durch Teilentsalzung, Vollentsalzung, Umkehrosmose oder durch Mineralsäuren gesenkt oder beispielsweise durch Natriumhydrogencarbonat erhöht wird. Letztlich wird der pH-Wert allein aus dem Verhältnis von Karbonathärte und CO2-Konzentration bestimmt. Um bei einer bestimmten Karbonathärte einen bestimmten pH-Wert einzustellen, bedarf es einer bestimmten CO2-Konzentration.

„Osmosewasser hat einen Ausgang von pH 7, bei Karbonat und Gesamt-Härte 0. Dieses Wasser sollte man auf jeden Fall auf eine Karbonat-Härte von 2 aufhärten. Dies ergibt dann wenigstens einen pH von 7,2. Eine Karbonat-Härte von 2 dann mit CO2 Zugabe auf einen Toleranz-Bereich für Weichwasser-Fische zu drücken erfordert schon aquaristischen Mut“.

[AquaRichtig Vollentsalzer oder Osmose-Anlage – Pro und Contra]

Bereits die pauschale Behauptung, Osmosewasser habe einen pH-Wert von 7, ist falsch. Da auch im Wasser gelöste Gase einschließlich CO2 die Membrane passieren, liegt der pH-Wert von frischem Osmosewasser, je nach Rohwasser und verbleibender Rest-Karbonarthärte, regelmäßig im leicht sauren Bereich zwischen 5 und 6. Selbst ausgegastes, abgestandenes und damit im Gasgleichgewicht mit der Luft befindliches Umkehrosmose-Permeat weist durch gelöstes Luft-CO2 regelmäßig einen leicht sauren pH-Wert auf.

Wie man bei AquaRichtig die Karbonathärte durch CO2-Zugabe seken will, muss man mal genau erklären. Denn durch CO2-Zugabe kann die Karbonathärte nicht gesenkt werden, die CO2-Konzentration hat auch sonst überhaupt keinen unmittelbaren Einfluss auf die Karbonathärte oder das Säurebeindevermögen.

Wahrscheinlich meint man aber bei AquaRichtig, dass es mutig sei, bei einer KH von 2°d den pH-Wert in den für Weichwasserfische angeblich artgerechten Bereich zu senken. Mutmaßlich, weil dies wohl folgerichtig durch CO2-Zugabe erfolgen soll. Daraus ist abzuleiten, dass man bei AquaRichtig die dafür erforderlichen 35 mg/l CO2 als zuviel ansieht.

An anderer Stelle heißt es seitens AquaRichtig dass ein pH Wert von 6,2 bei einer Karbonathärte von 2 ideal sei. AquaRichtig erkennt korrekt, dass dabei ein CO2 von etwa 35 mg/l im Wasser vorliegt. Aber vielleicht gibt es da noch einen nur einem inneren Kreis bekannten, also einen esoterischen, Unterschied zwischen den 35 mg/l CO2, die man bei mittels Vollentsalzer (von AquaRichtig, versteht sich) aufbereitetem Wasser mit KH 2 für den optmalen pH-Wert von 6,2 benötigt und den 35 mg/l CO2, die für einen pH-Wert von 6,2 bei mittels Umkehrosmose entsaltzem Wasser mit KH 2 erforderlich sind.

Fazit und Schlusskommentar

Zur Sache selbst: Umkehrosmoseanlagen können selbstverständlich Bakterien aus dem Wasser zurückhalten.

Ansonsten führt die bekannte Kombination von Ahnungslosigkeit und Hybris abermals dazu, dass AquaRichtig dem Leser unter dem Deckmäntelchen angeblicher Wissenschaftlichkeit groben Unfug präsentiert.

Referenzen, weiterführende Literatur und externe Links

  1. Wilhelm, S. (2008): Wasseraufbereitung: Chemie und chemische Verfahrenstechnik. 7. Auflage, Springer-Verlag, ISBN 9783540688877

weiterführende Literatur: