Bei AquaRichtig bestehen offenbar Schwierigkeiten dabei, zwischen dem Botaniker Eduard Adolf Strasburger und dem ihm zu Ehren benannten Lehrbuch der Botanik, kurz dem „Strasburger“, zu unterscheiden. Im Zusammenspiel verschiedener Formulierungen ergibt sich daher eine semantische Vermengung, die den Sinngehalt der Gesamtaussage in irreführender Weise verändert. Ausgangspunkt ist eine aus zweiter Hand referierte Textstelle im Lehrbuch der Botanik:
„An zahlreichen Stellen in der botanischen Literatur (bekanntestes Bsp.: Strasburger – Lehrbuch der Botanik) kann man lesen, dass Wasserpflanzen ihre Kutikula extrem verdünnt haben und auf Spaltöffnungen komplett verzichten. Diese würden auch keinen Sinn machen, da unter Wasser kein Gasaustausch stattfinden kann“. […] Strasburger ist wohl über jeden Zweifel erhaben, der sich gerade auch mit Wasserpflanzen beschäftigte und eine Kapazität auf diesem Gebiet ist. Wir haben 2 Bände von diesem vorliegen und könnten wie D. F. statt mit verständlichen Worten auch mit einer Latte unverständlicher Quellen aufwarten“.
[am 05.08.2011 auf Ammonium im Aquarium]
Auch an anderen Stellen knüpft man daran an:
„AquaRichtig versuchte es erst mit Gegendarstellungen, Hinweis auf gute Referenzen von Kunden, sowie mit Richtigstellung auf die allgemein geltenden botanischen Grundlagen, gerade von Strasburger und Amberger. Strasburger wurde praktisch auch nieder gemacht weil dieser ja schon 1912 verstorben sei. Jeder der etwas von Biologie versteht weiß aber sicher, dass Strasburger noch Heute an den Universitäten aktuell in der Lehre der Botanik ist“.
[am 27.07.2011 auf Information zu AquaRichtigs Aquarium Lexikon]
„Strasburgers Lehrbuch der Botanik, die aktuelle Lehre für künftige echte Biologen ist über jeden Zweifel erhaben. Ach ja, da fällt uns gerade ein, dass wir Strasburger schon einmal zitierten und wir daraufhin unterstellt bekamen, dass Strasburger schon 100 Jahre tot sei und wir falsch liegen“.
[am 04.09.2012 auf Aquaristik – Aquarichtig]
Die Formulierungen von AquaRichtig suggerieren dem Leser, dass Eduard Strasburger am Lehrbuch der Botanik in seiner modernen Form, wie es aktuell in der Lehre der Botanik an Universitäten verwendet wird, als Autor beteiligt ist. Die behauptete persönliche Autorität und Expertise Strasburgers suggeriert so, dass das Lehrbuch der Botanik eine besonders glaubwürdige Quelle und Belegstelle für die aufgestellten Behauptungen ist. Man vermittelt insgesamt den Eindruck, Eduard Strasburger hätte die referierten Textstelle(n) persönlich verfasst.
Selbst wenn man den Zeitraum wohlwollend ausdehnt, also sagen wir auf die Auflagen der letzten 30 bis 40 Jahre, muss man festellen, dass in dieser Zeit das Autorenkollektiv des Lehrbuchs der Botanik mehrfach gewechselt hat. Strasburger hat zuletzt an der 7. Auflage von 1912 als Mitautor beziehungsweise Herausgeber mitgewirkt.
Nach der Ansicht von AquaRichtig macht man Eduard Strasburger also als Person nieder, wenn man in Anbetracht seiner Lebensdaten (1844 – 1912) die behauptete Mitautorschaft am Lehrbuch der Botanik in seiner modernen Inkarnation als absurd entlarvt. Man könnte auch sagen, dass man es bei AquaRichtig nicht schafft, zwischen der Person Eduard Strasburger und dem postum ihm zu Ehren benannten Lehrbuch zu unterscheiden.
Letztlich ist die semantische Vermengung aber auch nur ein Nebenaspekt. Der springende Punkt in der Sache liegt hier bereits in der irrigen Behauptung AquaRichtigs , dass Wasserpflanzen keine Spaltöffnungen besitzen. Man liegt weiterhin mit der Annahme falsch, dass der Strasburger diese Behauptung trägt.
Es findet sich keine Textstelle im Lehrbuch der Botanik, welche diese Behauptung trägt und letztlich ist dies schlicht Unsinn. Tatsächlich findet sich die folgende Passage im „Strasburger“:
„Wasserpflanzen haben meist keine grösseren Schwierigkeiten in der CO2-Versorgung. […] Bei untergetaucht lebenden Wasserpflanzen, denen Spaltöffnungen und meist auch Cuticula fehlen […] wird durch die gesamte Blattoberfläche entweder nur gelöstes CO2 oder zu sätzlich auch Ca(HCO3)2 aufgenommen“.
[Sitte et al. (1998): Strasburger – Lehrbuch der Botanik (34 Aufl.), S.318]
Auch der aquarichtigschen Behauptung, dass Wasserpflanzen keine Nährstoffe über die Wurzeln aus dem Sediment aufnehmen, widerspricht das Lehrbuch der Botanik:
„Wasserpflanzen können mit ihren submersen Organen oder mit Schwimmblättern die Nährelemente […] direkt aus dem Wasser aufnehmen (daneben auch mit Wurzeln, falls vorhanden, aus dem Boden)“.
[Sitte et al. (1998): Strasburger – Lehrbuch der Botanik (34 Aufl.). S.318]
In der Quintessenz kann man sich bei AquaRichtig also weder in der Sache auf „den Strasburger“ berufen, noch auf die persönliche Expertise Eduard Strasburgers für Wasserpflanzen oder kraft seiner Autorenschaft am referierten „Lehrbuch der Botanik“. Es gibt weder eine Textstelle, welche die Behauptung trägt, noch ist Eduard Strasburger als Autor am Lehrbuch der Botanik in dessen potenziell gegenständlichen Auflagen beteiligt. Ebensowenig war Strasburger Experte für Wasserpflanzen.
Da nutzt es auch nichts, dass man (den) Strasburger für über jeden Zweifel erhaben
erklärt, weil man zusammenphantasiert, dass Strasburger sich gerade auch mit Wasserpflanzen beschäftigte und eine Kapazität auf diesem Gebiet
gewesen sei. An welche Tatsachen, sprich Veröffentlichungen Strasburgers, man hiermit anknüpft, bleibt schleierhaft. Strasburgers Wirken als Botaniker ist viehlmehr durch fundamentale Erkenntnisse der pflanzlichen Zellbiologie gekennzeichnet, denn durch ökologische Erkenntnisse. Zumal die Ökologie als (Teil)disziplin zu Lebzeiten Strasburgers bestenfalls in den Kinderschuhen steckte. Anatomische und physiologische Besonderheiten von Wasserpflanzen aus der ökologischen Warte im Hinblick der Anpassung auf den Lebensraum Wasser und als Folge evolutinärer Prozesse zu betrachten, dürfte schon wissenschaftsgeschichtlich als für Strasburger unbekannte Konzepte gelten.
Zuletzt sei die Bemerkung erlaubt, dass man sich bei AquaRichtig offenbar nicht bemüßigt fühlt, die Nase in den Strasburger zu stecken, obwohl man doch 2 Bände von diesem vorliegen
hat und stattdessen aus zweiter Hand nach Hörensagen zitiert. Davon, dass man bei AquaRichtig Strasburger oder den Strasburger zitiert, kann somit keine Rede sein. Tatsächlich hat man eben diesen, in der Sache geradewegs entscheidenden Schritt, nicht unternommen.
Belegstellen, weiterführende Literatur und externe Links
- Sitte,P. Ziegler,H. Ehrendorfer,F. & Bresinsky,A. (1998): Strasburger – Lehrbuch der Botanik. 34 Auflage, Gustav Fischer Verlag Stuttgart; Jena; Lübeck; Ulm. ISBN 978-3827407795
externe verweise auf andere themenrelevante Internetangebote:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Lehrbuch_der_Botanik
- https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Strasburger